Auswahlrichtlinie durch Interessenausgleich mit Namensliste änderbar

Arbeitgeber und Betriebsrat können Auswahlrichtlinien im Sinn von § 1 Abs. 4 KSchG später oder zeitgleich – etwa bei Abschluss eines Interessenausgleichs mit Namensliste – ändern. Setzen sich die Betriebsparteien in einem bestimmten Punkt gemeinsam über die Auswahlrichtlinie hinweg, so gilt die Namensliste. Dies stellt das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 24.10.2013 klar.

Der 1970 geborene, unverheiratete Kläger war seit 1998 als Werkzeugmacher bei der Insolvenzschuldnerin, einem Unternehmen der Automobilzulieferindustrie, beschäftigt. Im Dezember 2009 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Beklagte und der Betriebsrat schlossen am 10.02.2010 einen Interessenausgleich, der eine Auswahlrichtlinie und eine Namensliste enthielt. Der Kläger wies nach dem Punkteschema der Auswahlrichtlinie zwei Sozialpunkte mehr als der Arbeitnehmer Y auf, der der Vergleichs- und Altersgruppe des Klägers zugeordnet war. Die Namensliste nannte dennoch den Namen des Klägers. Von den sieben Arbeitsverhältnissen der Vergleichs- und Altersgruppe des Klägers wurde nur sein Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 12.02.2010 ordentlich zum 31.05.2010 gekündigt. Mit der Klage wendet sich der Kläger gegen die Kündigung. Er meint, die soziale Auswahl sei grob fehlerhaft, weil der Beklagte sein Arbeitsverhältnis und nicht das des Arbeitnehmers Y gekündigt habe. Die Auswahlrichtlinie räume dem Arbeitgeber keinen Beurteilungsspielraum ein.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Sie haben angenommen, die Kündigung verstoße gegen die Auswahlrichtlinie. Die Sozialauswahl sei deshalb grob fehlerhaft. Die Revision des Beklagten hatte vor dem BAG Erfolg. Mit der vom LAG gegebenen Begründung könne der Klage nicht stattgegeben werden. Die Betriebsparteien wichen in der Namensliste übereinstimmend und wirksam von der Auswahlrichtlinie ab. Das BAG hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurückverwiesen. Auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts stehe noch nicht fest, ob die Kündigung wirksam ist.

BAG, Urteil vom 24.10.2013 – 6 AZR 854/11

(Quelle: Beck online)

LAG Düsseldorf: Sozialplanansprüche auch nach neun Jahren noch nicht verjährt

Wird ein Sozialplan vom Insolvenzverwalter nach Anzeige der Massenunzulänglichkeit abgeschlossen, verjähren Abfindungsansprüche nicht bereits drei Jahre nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, denn der Anspruch werde dann erst mit Abschluss des Insolvenzverfahrens und Verteilung der Masse fällig. Dies hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf mit Urteil vom 10.10.2013 klargestellt.Ebenso hat die Kammer in acht weiteren Verfahren entschieden, wobei es um Abfindungen zwischen circa 3.000 Euro und 40.000 Euro ging.

Der Kläger war bis zum 31.01.2004 bei der Arbeitgeberin beschäftigt, über deren Vermögen am 01.10.2003 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt worden war. Dieser zeigte gegenüber dem Insolvenzgericht am 02.10.2003 Masseunzulänglichkeit an und schloss am 10.10.2003 mit dem Betriebsrat einen Sozialplan. Aus diesem ergab sich für den Kläger ein Abfindungsanspruch in Höhe von 14.761,39 Euro. In den seit 2003 erstellten 17 halbjährlichen Zwischenberichten des Insolvenzverwalters waren die Sozialplanansprüche mit einer Quote berücksichtigt. Erstmals im 18. Zwischenbericht vom 17.12.2012 teilte der Beklagte mit, dass diese Ansprüche auf Grund des Eintritts der Verjährung nicht mehr zu berücksichtigen seien. Dieser Rechtsauffassung tritt der Kläger entgegen und begehrt die Feststellung, dass ihm nach wie vor der Sozialplananspruch zusteht.

Ebenso wie das Arbeitsgericht Duisburg hat das LAG Düsseldorf der Klage mit zwei parallelen Begründungen stattgegeben. Zum einen seien die Ansprüche noch nicht fällig, also die Verjährungsfrist habe noch nicht zu laufen begonnen. Zwar verjährten Sozialplanansprüche innerhalb von drei Jahren ab Fälligkeit und diese Fälligkeit sei grundsätzlich mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses, also hier am 31.01.2004, gegeben. Anders sei dies aber, wenn wie im konkreten Fall vor Abschluss des Sozialplans Masseunzulänglichkeit angezeigt werde. Der Anspruch werde dann erst mit Abschluss des Insolvenzverfahrens und Verteilung der Masse fällig. Vorher sei der Anspruch sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach unsicher, so dass die Verjährung unterbrechende Leistungs- oder Feststellungsklagen nicht möglich seien.

Zum anderen verstoße es gegen Treu und Glauben, wenn der Insolvenzverwalter sich auf Verjährung berufe, nachdem er die Ansprüche jahrelang – auch nach dem von ihm angenommenen Ablauf der Verjährung – in den Zwischenberichten aufgenommen hatte. Die Arbeitnehmer hätten objektiv davon ausgehen dürfen, so die Kammer in ihrer mündlichen Urteilsbegründung, dass mit ihrem Sozialplananspruch alles in Ordnung sei. Die Kammer hat die Revision nicht zugelassen.

LAG Düsseldorf, Urteil vom 10.10.2013 – 5 Sa 823/12

(Quelle: Beck online)

ArbG Stuttgart: Betriebsrat des Reinigungsspezialisten Kärcher wegen Pflichtverletzung aufgelöst

Das Arbeitsgericht Stuttgart hat den Betriebsrat des Reinigungsspezialisten Kärcher am Standort Winnenden wegen grober Verletzung gesetzlicher Pflichten aufgelöst. Weder 2011 noch 2012 seien Betriebsversammlungen einberufen worden, stellte der Richter fest. Diese seien nicht nur Informationsveranstaltungen, sondern das Organ des Betriebsverfassungsrechts.

Die IG Metall hatte Klage gegen den Betriebsrat eingelegt, weil dieser zu wenige Betriebsversammlungen einberufen hatte. Nach dem Betriebsverfassungsgesetz muss das einmal im Vierteljahr geschehen. Der Richter stellte fest, dass eine im Dezember 2012 anberaumte Veranstaltung mit anschließender Jahresfeier nicht die gesetzlichen Anforderungen an eine Betriebsversammlung für den Standort Winnenden erfülle. Die Anwälte des Kärcher-Betriebsrat hatten argumentiert, die Mitarbeiter seien in einer Vielzahl von Informationsveranstaltungen unterrichtet worden.

Bislang ist das Familienunternehmen Kärcher nicht in der Tarifbindung – die IG Metall hat wenig Einfluss. Nur 2 von 17 Betriebsräten des Kärcher-Betriebsrats in Winnenden sind Mitglieder der IG Metall. «Wir wollen eigenständig sein», erklärte Betriebsratschef Hans-Jörg Ziegler gegenüber der Presse und verwies auf die jahrzehntelange Praxis bei Kärcher. Die Kultur des Unternehmens sei nicht auf Konflikte ausgelegt. Eine weitere Pflichtverletzung, wie der Richter feststellte. Der Betriebsratschef habe durch seinen Redebeitrag mehr als deutlich gemacht, dass er die Gewerkschaften lieber aus dem Unternehmen halten wolle. Das entspreche nicht dem gesetzlichen Leitbild. Das Zusammenwirken mit der Gewerkschaft sei gesetzliche Pflicht. Gewerkschaften seien «keine extraterrestrische Erscheinung, die keine Befugnisse» hätten.

Die Anwälte des Betriebsrats unterstellen der Gewerkschaft, andere Ziele zu verfolgen. «Aus unserer Sicht ist das eine reine Propaganda-Maschine», sagte Rechtsanwalt Ralf Busch. «Wenn Sie hier gewinnen, werden Sie das groß in Szene setzen, über Kärcher hinaus.» Sie monierten vor allem, dass der vom Richter gezogene Rechtsrahmen viel zu eng gefasst sei. Kaum ein Betriebsrat erfülle die Pflicht von vier Betriebsversammlungen pro Jahr, argumentieren sie. Ob die aktuelle Entscheidung zum Tragen kommt, ist noch offen. Die Kärcher-Anwälte kündigten an, den Gang durch alle Instanzen zu prüfen.

(Quelle: Beck online)

Massenentlassungsanzeige ohne Konsultationsverfahren mit dem Betriebsrat führt auch ohne konkrete Rüge des Arbeitnehmers zur Unwirksamkeit der Kündigung

Bei einer Massenentlassung ist die ordnungsgemäße Durchführung des Verfahrens nach § 17 KSchG Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung. Eine ohne vorherige Konsultation mit dem Betriebsrat erstattete Massenentlassungsanzeige ist unwirksam. Der Arbeitnehmer muss diesen Fehler nicht konkret rügen, wenn sich aus den vom Arbeitgeber vorgelegten Unterlagen ein derartiger Unwirksamkeitsgrund eindeutig ergibt.

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung. Die Beklagte ist eine ehemalige griechische Fluggesellschaft, die zu Ende September 2009 weltweit ihren Flugbetrieb eingestellt hatte. Die Interessenausgleichsverhandlungen mit dem Gesamtbetriebsrat scheiterten Ende 2009, der Sozialplan vom 04.12.2009 erging als Spruch der Einigungsstelle. Mit Schreiben vom 17.12.2009 hörte die Beklagte den örtlichen Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung nach § 102 BetrVG an und informierte über die geplante Massenentlassung nach § 17 II KSchG. Am gleichen Tag erstattete die Beklagte bei der Agentur für Arbeit eine Massenentlassungsanzeige. Mit Schreiben vom 15.01.2010 kündigte sie das Arbeitsverhältnis. Die Klägerin erhob Kündigungsschutzklage und argumentierte zweitinstanzlich u.a., dass die Beklagte der Agentur für Arbeit die Anhörungsschreiben an den Betriebsrat nicht übermittelt habe. ArbG und LAG wiesen die Klage ab.

Die Revision hatte Erfolg. Das BAG gab der Kündigungsschutzklage u.a. deswegen statt, weil die Beklagte die Massenentlassungsanzeige ohne vorheriges Konsultationsverfahren erstattet hatte.

Die Klägerin habe zwar nicht ausdrücklich Fehler beim Konsultationsverfahren nach § 17 II KSchG gerügt, jedoch pauschal Fehler bei der Massenentlassungsanzeige. Den Arbeitgeber treffe die Darlegungslast für die ordnungsgemäße Durchführung des Verfahrens nach § 17 KSchG. Zwar könne der Arbeitnehmer nach substantiiertem Vortrag des Arbeitgebers sich nicht auf ein pauschales Bestreiten beschränken. Trage der Arbeitgeber jedoch ohne konkrete Rüge des Arbeitnehmers zu dem von ihm durchgeführten Massenentlassungsverfahren vor und ist eindeutig ersichtlich, dass er den Anforderungen des § 17 KSchG nicht genügt hat, hat das Gericht diesen Unwirksamkeitsgrund von Amts wegen zu berücksichtigen.

Die Beklagte habe gegen ihre Konsultationspflicht nach § 17 II KSchG verstoßen. Das Konsultationsverfahren sei nicht deswegen entbehrlich, weil der Betrieb stillgelegt worden sei. Solche Beratungen, die vor allem auf die Zahlung von Abfindungen oder die Einrichtung einer Transfergesellschaft zielen, seien zwar auch Gegenstand der Sozialplanverhandlungen. Es handele sich jedoch um verschiedene Verfahren, die nicht deckungsgleich seien. Bei einer geplanten Betriebsstilllegung müsse deshalb nicht nur das Verfahren nach §§ 111 ff. BetrVG, sondern auch nach § 17 II KSchG durchgeführt werden. Die Mitteilung an den örtlichen Betriebsrat vom 17.12.2009 genüge den Anforderungen des § 17 II KSchG schon deswegen nicht, da für das Konsultationsverfahren der Gesamtbetriebsrat originär zuständig gewesen wäre, weil der geplante Personalabbau auf der Grundlage eines unternehmenseinheitlichen Konzepts durchgeführt werden sollte und mehrere Betriebe von der Betriebsänderung betroffen waren.

BAG, Urteil vom 13.12.2012 – 6 AZR 5/12

(Quelle: beck-fachdienst Arbeitsrecht – FD-ArbR 2013, 345975)

LAG Baden-Württemberg: Kein Anspruch des Betriebsrats auf kostenpflichtigen Internetanschluss

Ein vom Arbeitgeber dem Betriebsrat über das betriebliche Intranet zur Verfügung gestellter Internetanschluss erfüllt die Informations- und Kommunikationsansprüche des Betriebsrats aus § BETRVG § 40 Abs. BETRVG § 40 Absatz 2 BetrVG. Es besteht in diesem Fall grundsätzlich kein Anspruch auf einen (weiteren) Internetanschluss über einen externen Provider, durch den zusätzliche Kosten anfallen. Zur Begründung eines solchen Anspruchs reichen insbesondere allgemeine Sicherheitsbedenken oder Überwachungsbesorgnisse ohne konkrete Tatsachegrundlage nicht aus.

Der antragstellende Betriebsrat verlangt von der Arbeitgeberin, ihm statt eines Internetzugangs über das Intranet des Unternehmens einen externen Internetzugang inklusive einer Flatrate zur Verfügung zu stellen. Die Arbeitgeberin steht im Eigentum des Landes Baden-Württemberg und hat ihren Sitz in S. Der Ast. ist der im Betrieb B. gebildete, aus sieben Mitgliedern bestehende Betriebsrat. Es gibt im Betrieb keine Betriebsvereinbarung zur Internetnutzung oder einer diesbezüglichen Kontrolle durch die Arbeitgeberin. Der Betriebsrat verfügt seit etwa 1997 über einen sog. externen Internetzugang für den Betriebsrats-PC im Betriebsratsbüro in B. Im Jahr 2011 bemerkte ein IT-Mitarbeiter der Arbeitgeberin, dass der Internetanschluss des Betriebsrats über einen externen Service-Provider als ISDN-Verbindung im sog. „Internet-by-Call”-Verfahren durchgeführt wurde. ISDN-Internetverbindungen sind nach heutigem Stand der Technik wegen der geringen Bandbreite technisch veraltet. Im „Internet-by-Call”-Verfahren entstehen für die Internetnutzung ferner Kosten, die von der zeitlichen Nutzung des Internet abhängig sind, für den Betriebsrat im Jahr 2011 insgesamt € 2.104,77. Die Arbeitgeberin entschloss sich zu einer Änderung des bisherigen Anschlusses und teilte dem Betriebsrat nach vorhergehender diesbezüglicher Korrespondenz mit Schreiben v. 30.10.2011 mit, dass sie ab 1.11.2011 eventuell anfallende Kosten für einen externen Internet-by-Call-Anschluss nicht mehr übernehme, dem Betriebsrat aber einen Internetzugang über das firmeninterne Netzwerk (Intranet) zur Verfügung stelle, wodurch keine weiteren Kosten anfallen. Hiermit war der Betriebsrat, der die mögliche Gefahr der Überwachung der Internetnutzung des Betriebsrats durch die Arbeitgeberin sah, nicht einverstanden und verlangte die Einrichtung eines externen Internetanschlusses zu einer Flatrate, durch die nach seiner Ansicht monatliche Kosten von € 20,– entstünden.

Nachdem eine außergerichtliche Lösung nicht erzielt werden konnte, verfolgt der Betriebsrat durch Antrag beim ArbG sein Ziel auf Überlassung eines externen Internetanschlusses weiter. Das ArbG hat mit einem am 31.7.2012 verkündeten Beschluss den Antrag des Betriebsrats als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen wendet er sich mit seiner Beschw… 2. Die Beschwerde des Betriebsrats ist aber nicht begründet und war daher zurückzuweisen. Dem Betriebsrat steht gegen die Arbeitgeberin kein Anspruch zu, einen Internetzugang – statt in betriebsüblicher Weise über das firmeninterne Intranet – über einen externen Anbieter mit einer Flatrate zur Verfügung gestellt zu bekommen.

Nach der Rspr. des BAG (vgl. zuletzt BAG DB 2012, DB Jahr 2012 Seite 2524 ff. m.w.Nw. [= ZD 2013, ZD Jahr 2013 Seite 36]), der sich die erkennende Kammer anschließt, gilt in diesem Zusammenhang Folgendes: Nach § BETRVG § 40 Abs. BETRVG § 40 Absatz 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die laufende Geschäftsführung in erforderlichem Umfang unter anderem sachliche Mittel sowie Informations- und Kommunikationstechnik zur Verfügung zu stellen. Zur Informationstechnik i.S.v. § BETRVG § 40 Abs. BETRVG § 40 Absatz 2 BetrVG gehört das Internet (BAGE 135, BAGE Band 135 Seite 154 [= MMR 2011, MMR Jahr 2011 Seite 116] Rdnr. MMR Seite 116 Randnummer 16). Der Betriebsrat kann einen Internetzugang allerdings nur verlangen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der ihm nach dem Gesetz obliegenden Aufgaben erforderlich ist (BAG, a.a.O., Rdnr. 17 m.w.Nw.). Nach st. Rspr. des BAG obliegt dem Betriebsrat die Prüfung, ob ein von ihm verlangtes Sachmittel zur Erledigung von Betriebsratsaufgaben erforderlich und vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen ist. Die Entscheidung hierüber darf er nicht allein an seinen subjektiven Bedürfnissen ausrichten. Von ihm wird vielmehr verlangt, dass er die betrieblichen Verhältnisse und die sich ihm stellenden Aufgaben berücksichtigt. Dabei hat er dieInteressen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamts und berechtigte Interessen des Arbeitgebers, auch soweit sie auf eine Begrenzung der Kostentragungspflicht gerichtet sind, gegeneinander abzuwägen. Diese Grundsätze gelten auch für das Verlangen des Betriebsrats auf Überlassung von Informations- und Kommunikationstechnik (BAG, a.a.O., Rdnr. 18 m.w.Nw.). Die Entscheidung des Betriebsrats über die Erforderlichkeit des verlangten Sachmittels unterliegt der arbeitsgerichtlichen Kontrolle. Diese ist auf die Prüfung beschränkt, ob das verlangte Sachmittel auf Grund der konkreten betrieblichen Situation der Erledigung der gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats dient und der Betriebsrat bei seiner Entscheidung nicht nur die Interessen der Belegschaft berücksichtigt, sondern auch berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rechnung getragen hat. Dient das jeweilige Sachmittel der Erledigung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben und hält sich die Interessenabwägung des Betriebsrats im Rahmen seines Beurteilungsspielraums, kann das Gericht die Entscheidung des Betriebsrats nicht durch seine eigene ersetzen.

Nach diesem Maßstab kann der Betriebsrat von der Arbeitgeberin nicht den von ihm begehrten externen Internetzugang mit einer Flatrate beanspruchen. Ein externer Internetzugang ist ggü. einem über das betriebliche Intranet vermittelten Internetzugang in der konkreten betrieblichen Situation nicht zur Erfüllung der sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamts erforderlich. Die Interessenabwägung des Betriebsrats trägt ferner nicht den berechtigten Interessen des Arbeitgebers an der Vermeidung überflüssiger Kosten Rechnung, sondern richtet sich allein an seinen höchst subjektiven Bedürfnissen aus.

Der dem Betriebsrat von der Arbeitgeberin zur Verfügung gestellte Internetzugang über das Intranet, der keine weiteren Kosten verursacht, erfüllt die Informations- und Kommunikationsbedürfnisse des Betriebsrats in gleicher Weise, wie ein Zugang über einen kostenpflichtigen externen Anbieter. Die Zugangs- und Recherchemöglichkeiten im Internet werden weder erschwert, behindert oder verlangsamt, wenn die technische Anbindung über das Intranet des Unternehmens läuft. Dies wird auch vom Betriebsrat nicht in Frage gestellt. Die vom Betriebsrat allein ins Feld geführte abstrakte Möglichkeit der Kontrolle und Überwachung der Internetnutzung des Betriebsrats durch den Arbeitgeber ist in der konkreten betrieblichen Situation kein geeignetes Abwägungskriterium. Die Arbeitgeberin hat bislang den Betriebsrat und seine Arbeit weder überwacht noch ausgeforscht, noch beabsichtigt sie dies künftig zu tun. Die Arbeitgeberin hat das ausdrücklich erklärt. Auch der Betriebsrat bezieht sich auf keinen konkreten Fall, in welchem dies vorgekommen sein könnte oder benennt Umstände, warum entgegen der bisherigen Praxis und der Erklärung der Arbeitgeberin eine solche Vorgehensweise befürchtet werden müsste. Eine allein theoretische, abstrakte Möglichkeit der Kontrolle und Überwachung, ohne dass es hierfür auch nur den Ansatz für ein tatsächliches Vorgehen der Arbeitgeberin gibt, ist kein geeignetes Abwägungskriterium für die Beanspruchung von Informations- und Kommunikationsmitteln in einer bestimmten technischen Ausgestaltung. Die Arbeitgeberin hat bereits erstinstanzlich zu Recht auf das offenkundig absurde Ergebnis hingewiesen, dass der Betriebsrat – ohne besonderen Anlass, allein wegen der technisch nicht auszuschließenden Missbrauchsmöglichkeit aus seinem subjektiven „Schutzbedürfnis” heraus – dann auch die Überlassung eines gesonderten abhörsicheren Telefonanschlusses verlangen können müsste. Gleiches würde gelten für die Überlassung einer Chiffriermaschine für ausgehende Post des Betriebsrats – die der Arbeitgeber theoretisch abfangen und lesen könnte – oder Suchgeräte für elektronische Abhörgeräte im Betriebsratsbüro – die der Arbeitgeber dort theoretisch hätte installieren können. Ohne jeden konkreten Anlass kann die abstrakte technische Kontrollmöglichkeit allein kein geeignetes Abwägungskriterium von § BETRVG § 40 Abs. BETRVG § 40 Absatz 2 BetrVG sein, nur weil der Betriebsrat ein subjektiv gesteigertes Schutzbedürfnis hat.

Das Intranet der Arbeitgeberin stellt den betriebsüblichen Zugang zum Internet dar. Nicht nur der Betriebsrat, auch die anderen Arbeitnehmer sind bei Recherchen im Internet auf den Weg über das Intranet der Arbeitgeberin angewiesen. Offenkundig sieht dies der Betriebsrat nicht als problematisch an und hat bislang nicht einmal eine Regelung verlangt, welche Kontrollen und Überwachung der Arbeitnehmer durch die Arbeitgeberin ausschließt, begrenzt oder zumindest regelt. Ihm selbst ist von der Arbeitgeberin zugesagt, dass bislang und künftig keine solchen Kontrollen und Überwachungen in Bezug auf den Internetzugang des Betriebsrats stattfinden. Angesichts dessen ist das Verlangen nach einer externen Internetanbindung, mit welcher zusätzliche Kosten für die Arbeitgeberin verbunden sind, unverhältnismäßig, ohne dass es weiterer Vertiefung bedarf, ob eine theoretische und abstrakt mögliche Kontrolle oder Überwachung mit einem Internetzugang bei einem externen Anbieter überhaupt ausgeschlossen werden könnte.

Etwas anderes folgt auch nicht aus der Entscheidung des BAG DB 2012, DB Jahr 2012 Seite 2524 [= ZD 2013, ZD Jahr 2013 Seite 36]), in welcher es um einen Anspruch des Betriebsrats auf einen Internetzugang ohne Personalisierung der einzelnen Betriebsratsmitglieder ging. Dort war, anders als vorliegend, eine Kontroll- und Überwachungsmöglichkeit des Arbeitgebers konkret in einer Gesamtbetriebsvereinbarung vorgesehen. Das BAG hat in derselben Entscheidung zu Recht hervorgehoben, dass sich insgesamt schematische Lösungen verbieten. In der vorliegenden konkreten betrieblichen Situation gibt es jedenfalls keine Grundlage für eine Annahme des Betriebsrats, es bestehe durch eine technische Kontrollmöglichkeit die Gefahr der Behinderung seiner Arbeit.

LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.1.2013 – 13 TaBV 8/12

(Quelle: Beck online)

LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.03.2013 – 6 TaBV 9/12

Beabsichtigt ein Arbeitgeber ohne sachliche Gründe neue Arbeitnehmer nur noch auf Einschicht-Arbeitsplätzen mit 17 Wochenstunden zu beschäftigen, darf der Betriebsrat die Zustimmung zur Einstellung verweigern, da ein solches Konzept das Recht auf Erhöhung der Arbeitszeit verletzt. Dies geht aus einem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden Württemberg vom 21.03.2013 hervor.

Der international tätige Paketlogistiker UPS will an einem Standort Arbeitnehmer nur in einer von drei Schichten in Teilzeit mit einer Wochenarbeitszeit von 17 Stunden beschäftigen und lehnt Arbeitszeiterhöhungen auf 34 Stunden pro Woche in zwei Schichten grundsätzlich ab. Der Betriebsrat verweigerte in mehr als hundert Fällen seine Zustimmung zur Einstellung von neuen Arbeitnehmern auf Einschicht-Arbeitsplätze mit 17 Wochenstunden, weil er darin eine Benachteiligung der aufstockungswilligen Arbeitnehmer sah. Gemäß § 99 BetrVG kann der Betriebsrat die Zustimmung zur Einstellung eines Arbeitnehmers verweigern, wenn diese gegen ein Gesetz verstößt.

as Landesarbeitsgericht hat die Zustimmungsverweigerungen des Betriebsrats als begründet angesehen. Die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers müsse sachlich gerechtfertigt sein. Eine Einschränkung der Flexibilisierung des Personaleinsatzes mit Mehrarbeit durch Doppelschichtarbeitsplätze sei nicht erkennbar. Ein erhöhter Organisationsaufwand in Vertretungsfällen wie Urlaub und Krankheit sei hinzunehmen. Höhere Krankenstände und eine größere Zahl von Betriebsunfällen in den Doppelschichten seien nicht zwingend auf die höhere Arbeitszeit zurückzuführen. UPS unterlaufe daher mit seinem Konzept, nur Arbeitnehmer in Teilzeit zu beschäftigen, den Anspruch auf Erhöhung der Arbeitszeit nach § 9 TzBfG. Danach habe ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer bei Besetzung eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes grundsätzlich einen Anspruch auf Verlängerung seiner Arbeitszeit.

LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.03.2013 – 6 TaBV 9/12

(Quelle: Beck online)

Betriebsvereinbarung über Altersgrenze zum Renteneintritt ist nicht diskriminierend

Altersgrenzen in Betriebsvereinbarungen, nach denen das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Kalendermonats endet, in dem der Arbeitnehmer die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht, sind nicht diskriminierend und daher wirksam. Dies hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 05.03.2013 entschieden.

Der im Jahr 1942 geborene Kläger war seit 1980 bei der Beklagten beschäftigt. Nach der von beiden Parteien unterzeichneten «Einstellungsmitteilung» war das Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit geschlossen. Eine bei der Beklagten bestehende Gesamtbetriebsvereinbarung aus dem Jahr 1976 sah die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Erreichen des 65. Lebensjahrs vor. Dieses vollendete der Kläger im August 2007. Mit seiner Klage hat er sich gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses gewandt. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Die Revision des Klägers vor dem BAG blieb erfolglos. Dem Gericht zufolge können der Gesamtbetriebsrat und der Arbeitgeber in einer freiwilligen Gesamtbetriebsvereinbarung eine Altersgrenze für die Beendigung von Arbeitsverhältnissen regeln. Zwar hätten sie die Grundsätze von Recht und Billigkeit (§ 75 Abs. 1 BetrVG) zu beachten. Diese seien aber gewahrt, wenn die Altersgrenze an den Zeitpunkt anknüpft, zu dem der Arbeitnehmer die Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen kann. Eine solche Regelung verstoße nicht gegen das Verbot der Altersdiskriminierung. Die Vereinbarung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses sei auch keine die Altersgrenzenregelung der Gesamtbetriebsvereinbarung verdrängende einzelvertragliche Abmachung.

BAG, Urteil vom 05.03.2013 – 1 AZR 417/12

(Quelle: Beck online)

Ausschluss aus Betriebsrat nach unerlaubten Zugriffen auf Personalinformationssystem

Unbefugte Zugriffe eines Betriebsratsmitglieds auf das elektronische Personalinformationssystem rechtfertigen dessen Ausschluss aus dem Betriebsrat, nicht jedoch eine außerordentliche Kündigung seitens des Arbeitgebers. Dies hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 12.11.2012 entschieden.

Der betroffene Arbeitnehmer steht seit 1998 in einem Arbeitsverhältnis als Krankenpfleger in einem Unfallkrankenhaus und ist seit 2001 Betriebsratsmitglied sowie seit 2005 freigestellter stellvertretender Betriebsratsvorsitzender sowie später Betriebsratsvorsitzender. Er hat von dem Computer des Betriebsrats aus auf das im Betrieb verwendete Personalinformationssystem, mit dem personenbezogene Arbeitnehmerdaten im Sinne einer elektronischen Personalakte verwaltet werden, in zahlreichen Fällen unberechtigt Zugriff genommen, um jeweils einem Informationsbedürfnis des Betriebsrats zu entsprechen.

Das Landesarbeitsgericht hat dem Antrag des Arbeitgebers auf Ausschluss dieses Arbeitnehmers aus dem Betriebsrat stattgegeben. In den unberechtigten Zugriffen auf das Personalinformationssystem liege ein erheblicher Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz sowie eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte der betroffenen Beschäftigten und damit eine grobe Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Pflichten. Das Betriebsratsmitglied habe entgegen seiner Verpflichtung die Rechte der Arbeitnehmer in erheblicher Weise verletzt.

Den Antrag auf Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zu einer außerordentlichen Kündigung hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen, weil die Zugriffe auf das Personalinformationssystem allein aufgrund und zum Zwecke der Betriebsratstätigkeit erfolgt seien. Dass das Betriebsratsmitglied mit seinem Verhalten auch gegen seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen verstoßen habe, rechtfertige unter Abwägung der weiteren Umstände des Einzelfalls keine sofortige Auflösung des Arbeitsverhältnisses.

LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12.11.2012 – 17 TaBV 1318/12

(Quelle: Beck online)

EuGH: Geringere Entlassungsabfindung für kurz vor Rente stehende Arbeitnehmer zulässig

Ein Sozialplan darf eine geminderte Entlassungsabfindung für Arbeitnehmer vorsehen, die kurz vor dem Renteneintritt stehen. Dies hat Europäische Gerichtshof entschieden. Allerdings stelle es eine nach dem Unionsrecht verbotene Diskriminierung dar, wenn bei der Berechnung dieser Minderung die Möglichkeit einer vorzeitigen Altersrente wegen einer Behinderung berücksichtigt wird.

Ein zwischen dem deutschen Unternehmen Baxter und dessen Betriebsrat geschlossener Sozialplan sieht vor, dass der Abfindungsbetrag für Arbeitnehmer bei betriebsbedingter Kündigung insbesondere von der Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit abhängt (Standardberechnungsmethode). Für Arbeitnehmer, die älter als 54 Jahre sind, sieht der Plan jedoch vor, dass die Abfindung auf der Grundlage ihres frühestmöglichen Rentenbeginns berechnet wird (alternative Methode). Die diesen Arbeitnehmern zu zahlende Abfindung ist geringer als die Summe, die sich nach der Standardmethode ergeben würde. Sie muss allerdings mindestens die Hälfte dieser Summe betragen.

Johann Odar, der mehr als 30 Jahre bei Baxter beschäftigt war, ist als Schwerbehinderter anerkannt. Nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mit dem Unternehmen erhielt er aufgrund des Sozialplans eine Entlassungsabfindung. Da er über 54 Jahre alt war, erhielt er einen geringeren als den Betrag, auf den er bei niedrigerem Alter Anspruch gehabt hätte. Die im Sozialplan vorgesehene Berechnungsmethode bei betriebsbedingter Kündigung stellt somit eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung dar. Wenn der Arbeitnehmer die Möglichkeit hat, eine vorzeitige Altersrente wegen einer Behinderung zu erhalten, sieht der Sozialplan darüber hinaus vor, dass bei der Berechnung nach der alternativen Methode auf diesen Zeitpunkt abgestellt wird. Nach Klage Odars hat das Arbeitsgericht München beschlossen, den Gerichtshof zu befragen.

Laut EuGH steht das im Unionsrecht vorgesehene Verbot jeder Diskriminierung wegen des Alters (Richtlinie 2000/78/EG) der hier vorgenommenen Regelung zur Berechnung der Entlassungsabfindung anhand des Alters nicht entgegen. Eine solche Ungleichbehandlung könne durch das Ziel gerechtfertigt werden, einen Ausgleich für die Zukunft zu gewähren und die jüngeren Arbeitnehmer zu schützen sowie ihre berufliche Wiedereingliederung zu unterstützen. Sie trage zugleich der Notwendigkeit einer gerechten Verteilung der begrenzten finanziellen Mittel eines Sozialplans Rechnung. Darüber hinaus sei es legitim zu vermeiden, dass eine Entlassungsabfindung Personen zugutekommt, die keine neue Stelle suchen, sondern ein Ersatzeinkommen in Form einer Altersrente beziehen wollen. Eine Regelung wie die hier vorliegende erscheine nicht offensichtlich unangemessen und gehe nicht über das zur Erreichung dieser Ziele Erforderliche hinaus. Der Gerichtshof führt zudem aus, dass die in Rede stehende Regelung die Frucht einer von Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern ausgehandelten Vereinbarung ist, die dabei ihr als Grundrecht anerkanntes Recht auf Kollektivverhandlungen ausgeübt haben.

Der Gerichtshof stellt weiter fest, dass das im Unionsrecht vorgesehene Verbot jeder Diskriminierung wegen einer Behinderung der Regelung entgegensteht, soweit bei der Anwendung der alternativen Methode auf die Möglichkeit abgestellt wird, eine vorzeitige Altersrente wegen einer Behinderung zu erhalten. Durch diese Ungleichbehandlung nichtbehinderter und behinderter Arbeitnehmer werde nämlich sowohl das Risiko für Schwerbehinderte – die im Allgemeinen größere Schwierigkeiten als nichtbehinderte Arbeitnehmer haben, sich wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern – als auch die Tatsache verkannt, dass das Risiko steigt, je mehr sie sich dem Renteneintrittsalter nähern. Schwerbehinderte hätten jedoch spezifische Bedürfnisse im Zusammenhang mit dem Schutz, den ihr Zustand erfordert, und mit der Notwendigkeit, dessen mögliche Verschlechterung zu berücksichtigen. Die in Rede stehende Regelung bewirke folglich eine übermäßige Beeinträchtigung der legitimen Interessen schwerbehinderter Arbeitnehmer. Sie Regelung gehe über das hinaus, was zur Erreichung der mit ihr verfolgten sozialpolitischen Ziele erforderlich ist.

EuGH, Urteil vom 06.12.2012 – C-152/11

(Quelle Beck online)

Trotz unwirksamer Kündigung nach Drogenkonsum kein Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung

Die gegenüber einem Gleisbauer ausgesprochene Kündigung wegen Drogenkonsums in der Freizeit ist unwirksam, wenn der Personalrat in der Angelegenheit nicht ordnungsgemäß beteiligt wurde. Der Betroffene hat in einem solchen Fall jedoch keinen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung. Dies hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 28.08.2012 entschieden.

Der Kläger war bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) als Gleisbauer beschäftigt. Nach einem Drogenscreening wurden bei ihm erhöhte Cannabinolwerte festgestellt. Der Kläger gab zu, in der Freizeit gelegentlich Canabis zu konsumieren und wurde daraufhin wegen betriebsärztlicher Sicherheitsbedenken entlassen. Die BVG hatte die Kündigung erklärt, ohne den Personalrat ordnungsgemäß zu beteiligen. Auf die dagegen gerichtete Klage gab das Arbeitsgericht dem Kläger aus formalen Gründen Recht und erklärte die Kündigung für unwirksam.

Das Landesarbeitsgericht bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Die BVG hätte den Personalrat ordnungsgemäß beteiligen müssen. Insofern liege – unabhängig von den Kündigungsgründen – eine Unwirksamkeit der Kündigung vor. Die Klage des Arbeitnehmers auf tatsächliche Beschäftigung wies das Gericht jedoch ab. Der Kläger werde als Gleisbauer in einem sicherheitsrelevanten Bereich eingesetzt; seine Beschäftigung führe wegen seines Cannabiskonsums zu einem Sicherheitsrisiko, das die BVG nicht eingehen müsse.

LAG Berlin-Brandenburg, Entscheidung vom 28.08.2012 – 19 Sa 306/12; 324/12

(Quelle: Beck online)