Anspruch auf Arbeitszeitverringerung trotz Arbeitszeitvorgaben bei Überlassung

Das Recht des Arbeitnehmers auf Verringerung der Arbeitszeit gilt ungeachtet einer nachträglichen Überlassung mit Arbeitszeitvorgaben des Entleihers und kann nur verweigert werden, wenn bei allen möglichen Einsätzen betriebliche Gründe entgegenstehen. Dies hat das Bundesarbeitsgericht am 13.11.2012 entschieden.

Der Kläger ist seit 1995 im Luftfahrtunternehmen der Beklagten mit einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 18 Wochenstunden beschäftigt. Die Beklagte ist berechtigt, dem Kläger sämtliche Tätigkeiten im «Basic Service 2» zuzuweisen. 2008 übertrug die Beklagte ihren Betreuungsdienst auf einen Dienstleistungsanbieter und überließ diesem den Kläger auf der Grundlage eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags. Später verpflichtete sich die Beklagte gegenüber dem Entleiher, ausschließlich Arbeitnehmer mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 18 Stunden zu überlassen. Der Kläger verlangt von der Beklagten, seine regelmäßige Wochenarbeitszeit auf zehn Stunden zu reduzieren. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen.

Das BAG gab dem Kläger in der Revision Recht. Der gesetzliche Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit stehe auch Arbeitnehmern zu, die bereits in Teilzeit arbeiten. Die Arbeitszeitbestimmungen des Überlassungsvertrags berechtigten die Beklagte nicht, den Verringerungswunsch des Klägers abzulehnen. Entscheidend ist vielmehr, ob dem Teilzeitverlangen bei allen vertraglich möglichen Einsätzen betriebliche Gründe entgegenstehen. Zu der Möglichkeit, den Kläger – gegebenenfalls im Wege eines Ringtausches – auf einem anderen Arbeitsplatz in ihrem Luftfahrtunternehmen einzusetzen, hatte die darlegungsbelastete Beklagte nichts vorgetragen.

BAG, Urteil vom 13.11.2012 – 9 AZR 259/11

(Quelle: Beck online)

Kein Arbeitsverhältnis mit Entleiher bei nicht nur vorübergehender Arbeitnehmerüberlassung

Selbst wenn ein Leiharbeitnehmer nicht nur vorübergehend an den Entleiher überlassen wird, kommt mit diesem kein Arbeitsverhältnis zustande. Dies hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 16.10.2012 entschieden. Der Gesetzgeber habe nicht näher geregelt, welche Rechtsfolgen eine nicht nur vorübergehende Leiharbeit habe. Das LAG hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Das Tochterunternehmen einer Krankenhausbetreibergesellschaft betreibt mit Erlaubnis Arbeitnehmerüberlassung. Es hat der Krankenhausbetreibergesellschaft eine Krankenschwester, die Klägerin, für die gesamte bisher über vierjährige Dauer des Arbeitsverhältnisses als Leiharbeitnehmerin überlassen. Die Überlassung von Arbeitnehmern erfolgt nach dem Ende 2011 in Kraft getretenen Gesetzeswortlaut vorübergehend. Im Gesetz ist aber nicht näher geregelt, wann ein vorübergehender Einsatz anzunehmen ist und welche Rechtsfolgen im Falle nicht nur vorübergehender Leiharbeit eintreten.

Das LAG ließ vor diesem Hintergrund offen, ob es sich um eine nicht nur vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung gehandelt habe. Jedenfalls sei kein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher zustande gekommen. Der Gesetzgeber habe diese Rechtsfolge nicht vorgesehen. Auch ein rechtsmissbräuchliches Strohmanngeschäft könne in derartigen Fällen jedenfalls dann nicht angenommen werden, wenn das Arbeitsverhältnis wie im vorliegenden Fall vor der Ende 2011 erfolgten Änderung des AÜG abgeschlossen worden sei.

LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.10.2012 – 7 Sa 1182/12

(Quelle: Beck online)

Equal Pay: Zeitarbeitsunternehmen muss Gehaltsstruktur des Entleiherbetriebes kennen

Macht ein Arbeitnehmer Ansprüche aus „equal pay“ geltend, kann der Arbeitgeber das Vorbringen des Arbeitnehmers zu den Arbeitsbedingungen vergleichbarer Arbeitnehmer des Entleihers nicht zulässig mit Nichtwissen bestreiten, da ihn insoweit Erkundungs- und Informationsobliegenheiten treffen.

Die Beklagte betreibt ein Zeitarbeitsunternehmen. Der Kläger war über längere Zeit als Helfer bei unterschiedlichen Unternehmen eingesetzt. Die Parteien haben im Arbeitsvertrag die Geltung u.a. des Entgeltrahmentarifvertrags und des Entgelttarifvertrags vereinbart, die zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) geschlossen worden sind.

Der Kläger hat unter Hinweis auf die fehlende Tariffähigkeit der CGZP Differenzlohnansprüche geltend gemacht. Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen die vom Kläger vorgetragene Vergütung der Vergleichsarbeitnehmer bei den Entleiherbetrieben.

Dem Kläger steht nach ein Anspruch auf „equal pay“ zu (§ 10 Abs. 4 i.V.m. § 9 Nr. 2 AÜG), entschied das LAG Düsseldorf.

Nach § 9 Nr. 2 AÜG ist der Verleiher grundsätzlich verpflichtet, mit seinem Arbeitnehmer die wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu vereinbaren, die für einen vergleichbaren Arbeitnehmer im Entleiherbetrieb gelten.

Zwar kann ein Tarifvertrag abweichende Regelungen vorsehen, die Parteien haben aber nicht wirksam auf die Regelungen eines Tarifvertrages verwiesen.

Spätestens seit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 23.05.2012 (1 AZB 58/12) im Verfahren nach § 97 ArbGG über die Tariffähigkeit der CGZP steht mit Bindung gegenüber jedermann (BAG 28.03.2006 – 1 ABR 58/04) fest, dass die CGZP seit jeher nicht tariffähig war. Die Beklagte kann sich insofern auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, denn der gute Glaube an die Tariffähigkeit einer Vereinigung wird nicht geschützt.

Die Beklagte hat das Vorbringen des Klägers lediglich pauschal mit Nichtwissen bestritten. Dies ist unzureichend, so dass es nach § 138 Abs. 3 und 4 ZPO als zugestanden gilt. Ein Bestreiten mit Nichtwissen ist lediglich zulässig, soweit der gegnerische Vortrag nicht Gegenstand der eigenen Wahrnehmung ist. Dabei ist anerkannt, dass die Partei insoweit Erkundungs- und Informationsobliegenheiten treffen können. Kommt sie diesen nicht nach, ist das Bestreiten mit Nichtwissen unbeachtlich.

Derartige Erkundungs- und Informationsobliegenheiten der Beklagten ergeben sich hier aus den Regelungen des AÜG. Nach § 12 Abs. 1 Satz 3 AÜG hätten die fraglichen Informationen bereits in den Verträgen zwischen der Beklagten und den Entleihern enthalten sein müssen. Wenn die Beklagte hierauf wegen der einzelvertraglichen Verweisung auf die CGZP-Tarifverträge verzichtet hat, war dies bereits aufgrund der zu den entsprechenden Zeitpunkten ergangenen, oben dargelegten erst- und zweitinstanzlichen Entscheidungen zur Tariffähigkeit der CGZP fahrlässig. Dennoch hat sie sich auch in der Folgezeit nicht darum bemüht, die – aufgrund § 12 Abs. 1 Satz 3 AÜG – notfalls einklagbaren Auskünfte von den Entleiherbetrieben zu erhalten.

LAG Düsseldorf, Urteil vom 21.06.2012

(Quelle: LAG Düsseldorf-online v. 25.07.12)

Arbeitnehmerin erhält Lohnnachzahlung aufgrund Grundsätze Equal Pay

Das Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) hat der Entgeltklage einer Leiharbeitnehmerin gegen ihren ehemaligen Arbeitgeber nach dem Grundsatz des Equal Pay zum überwiegenden Teil stattgegeben. Sie hatte einen Bruttostundenlohn von lediglich sechs Euro erhalten, die Stammarbeiter knapp 13 Euro.

Die Arbeitnehmerin war vom 4.5.2009 – 30.6.2010 bei einer Personalleasingagentur beschäftigt und für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses an die beklagte Firma B. ausgeliehen. Nach dem Tarifvertrag der CGZP erhielt die Klägerin einen Bruttostundenlohn von 6,00 Euro bzw. später 6,15 Euro, nach der Übernahme durch die Firma B. erhielt sie wie die anderen dort beschäftigten Stammarbeitnehmer 12,84 Euro.

Nachdem das BAG in seiner Entscheidung vom 14.12.2010 (AZ.: 1 ABR 19/10) festgestellt hatte, dass die CGZP keine tariffähige Gewerkschaft ist, hat die Klägerin die Differenz zwischen dem ihr gezahlten und dem vom Entleiherbetrieb gezahlten Entgelt in Höhe von insgesamt 16.285,05 Euro eingeklagt.

Das Arbeitsgericht (ArbG) Frankfurt (Oder) hat entschieden, dass der Klägerin nach dem Equal-Pay-Grundsatz aus §§ 9 Ziffer 2, 10 Abs. 4Externer Link AÜG das gleiche Entgelt wie der Stammbelegschaft zusteht. Der Beschluss des BAG wirkt nicht nur für die Zukunft, da sich aus den Satzungen der CGZP von 2005 und 2008, die beide von BAG überprüft wurden, eine Tariffähigkeit nicht ergibt. Die tarifvertraglichen Ausschlussfristen gelten nicht, da diese das gleiche Schicksal erleiden wie der Tarifvertrag und insofern unwirksam sind. Auf die arbeitsvertraglich vereinbarten Ausschlussfristen kann der Arbeitgeber sich nicht berufen, da der Anspruch erst mit Entscheidung des BAG fällig geworden ist. Der Klägerin war es nicht zuzumuten, bei unklarer Rechtslage das Kostenrisiko einer Klage zu tragen. Hinsichtlich der ersten 6 Wochen hat das ArbG die Klage abgewiesen, da das von dem Arbeitgeber gezahlte Entgelt höher war als das von der Klägerin zuvor erhaltene Arbeitslosengeld (§ 9 Ziffer 2 AÜG ).

ArbG Frankfurt (Oder), Urteil vom 09.06.2012

(Quelle: PM des ArbG Frankfurt (Oder) vom 9.6.2011)