Sachverhalt

Die Parteien streiten über Vergütung wegen Annahmeverzugs nach unwirksamer Kündigung. Der Kläger war als Flugzeugführer bei der Insolvenzschuldnerin beschäftigt und dort auf dem Flugzeugtyp Fokker 100 eingesetzt. Der zum Insolvenzverwalter bestimmte Beklagte erklärte nach vorheriger Massenentlassungsanzeige zunächst schriftlich die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.6.2013. Diese Kündigung bezeichnete er mit späterem Schreiben als gegenstandslos und erklärte zugleich erneut die Kündigung zum 31.7.2013. Das BAG stellte mit Urteil vom 20.1.2016 (ArbRAktuell 2016, 164 m. Anm. Krieger) die Unwirksamkeit dieser späteren Kündigung wegen fehlender erneuter Massenentlassungsanzeige fest. Seit dem 12.6.2014 war der Kläger als Flugzeugführer bei einem anderen Arbeitgeber beschäftigt. Eine durch den Beklagten erklärte Kündigung zum 31.1.2015 ist Gegenstand eines weiteren Kündigungsschutzverfahrens. Der Kläger machte mit seiner Klage u.a. Annahmeverzugslohn für die Zeit vom 12.6.2014 bis zum 31.1.2015 in Höhe von ca. 40.000 EUR brutto geltend. Von seinem erzielten Zwischenverdienst i.H.v. ca. 37.500 EUR brutto seien näher bezifferte Aufwendungen für den vorherigen Erwerb von Musterberechtigungen für die Flugzeugtypen Airbus A320 und Boeing 757/767 in Abzug zu bringen.

Das ArbG wies die Klage ab. Das LAG verurteilte den Beklagten dagegen zur Zahlung des Annahmeverzugslohns unter Anrechnung des Zwischenverdienstes abzüglich der Aufwendungen des Klägers.

Die Revision des Beklagten war überwiegend erfolgreich. Das BAG nahm dem Grunde nach einen Anspruch auf Annahmeverzugslohn gem. §§ 615 S. 1, 611 I, 293, 296 BGB aufgrund der unwirksamen Kündigung an. Hinsichtlich der Höhe des Anspruchs rechnete das BAG den vom Kläger selbst vorgetragenen Zwischenverdienst an. Die Anrechnung vollziehe sich dabei jedoch nicht, wie vom LAG angenommen, nach § 615 S. 2 BGB. Denn für den Annahmeverzug nach einer Kündigung enthalte § 11 Nr. 1 KSchG in seinem Anwendungsbereich eine Spezialregelung.

Das BAG lehnte jedoch – anders als das LAG – im Ergebnis eine Minderung des anzurechnenden Zwischenverdiensts des Klägers um dessen Aufwendungen ab. Zwar seien erforderliche Aufwendungen zur Erzielung von Zwischenverdienst i.R.v. § 11 Nr. 1 KSchG in Abzug zu bringen. Als zwischenverdienstmindernd seien jedoch nur solche Aufwendungen anzuerkennen, die erforderlich sind, um i.R.d. bisherigen Qualifikation einer weiteren Erwerbstätigkeit fachkundig und sachgerecht nachgehen zu können. Hierzu seien Aufwendungen zum Erhalt einer vorhandenen Qualifikation zu zählen, die in dem gekündigten Arbeitsverhältnis zur Verrichtung der geschuldeten Tätigkeit erforderlich war. Anders als z.B. Aufwendungen zum Erhalt der Musterberechtigung für die Fokker 100 hätten die vom Kläger im Streitfall behaupteten Aufwendungen i.S.e. Fortbildung seine Qualifikation erhöht, ohne dass dies zur Ausübung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit benötigt wurde. Denn die Flugzeugtypen Airbus A320 und Boeing 757/767 setzte die Insolvenzschuldnerin, die zudem ihren Flugbetrieb eingestellt hatte, nicht ein. Die erworbenen Qualifikationen verbesserten aus Sicht des BAG somit ausschließlich die Arbeitsmarktchancen des Klägers, ohne dem Arbeitgeber unmittelbar zugutezukommen. Zweck des § 11 Nr. 1 KSchG sei es demgegenüber, den Arbeitnehmer so zu stellen, als wäre das Arbeitsverhältnis ungekündigt fortgeführt worden. Im bestehenden Arbeitsverhältnis sei der Arbeitgeber grds. nicht verpflichtet, sich an den Kosten einer solchen Qualifizierungsmaßnahme zu beteiligen. Umgekehrt führt der Verzicht auf eine solche Qualifizierungsmaßnahme nach den Ausführungen des BAG allerdings nicht zu einem böswilligen Unterlassen anderweitigen Verdiensts des Arbeitnehmers i.S.v. § 11 Nr. 2 KSchG.

BAG, Urteil vom 02.10.2018 – 5 AZR 376/17

(Quelle: Beck online)