Die Speicherung von Bildsequenzen aus einer zulässigen offenen Videoüberwachung, die vorsätzliche Handlungen eines Arbeitnehmers zulasten des Eigentums des Arbeitgebers zeigen, wird nicht durch bloßen Zeitablauf unverhältnismäßig, solange die Rechtsverfolgung durch den Arbeitgeber materiellrechtlich möglich ist.

Sachverhalt

Nachdem in dem von dem Beklagten betriebenen Tabak- und Zeitschriftenhandel mit angeschlossener Lottoannahmestelle bei einer stichprobenartigen Überprüfung ein Fehlbestand an Tabakprodukten festgestellt worden war, wertete der Beklagte das seit mehreren Monaten gespeicherte Videomaterial einer in der Filiale zum Schutz des Eigentums vor Straftaten installierten Videokamera aus. Auf diesem war in drei Fällen auffälliges Verhalten der beim Beklagten beschäftigten Klägerin zu sehen, die Verkäufe von Tabakwaren nicht registriert, das vereinnahmte Geld in die Lotto- anstatt der Registrierkasse gelegt und anschließend den Verkaufsraum mit der Lottokasse verlassen hatte. Nach erfolgter Anhörung kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin fristlos. Die Vorinstanzen hatten der Kündigungsschutzklage stattgegeben und zugleich die Widerklage des Beklagten auf Ersatz der entstandenen Ermittlungskosten abgewiesen, woraufhin der Beklagte Revision einlegte.

Entscheidung

Die Revision hatte teilweise Erfolg. Hinsichtlich des mit der Widerklage verfolgten Ersatzanspruchs sei die Revision bereits unzulässig. In Bezug auf die Kündigungsschutzklage sei die Revision allerdings zulässig und begründet. Die Ausführungen des LAG Hamm, in dem monatelangen Unterbleiben der Löschung liege eine besonders schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin, hielten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Ungeachtet der Grundsätze, die für das Eingreifen eines Verbots der Verwertung von Sachvortrag und Beweismitteln gelten, habe das LAG Hamm rechtsfehlerhaft angenommen, es bestünde ein Verwertungsverbot in Bezug auf solche Bildsequenzen aus einer offenen, auch im Verhältnis zur Klägerin zulässigen Videoüberwachung, die vorsätzliche Verletzungen des Eigentums der Beklagten belegten. Das Gericht habe verkannt, dass § 32 Absatz I 1 BDSG aF eine eigenständige Erlaubnisnorm für die Verarbeitung und Nutzung von Daten im Beschäftigungsverhältnis darstelle. Der rechtmäßig gefilmte Vorsatztäter sei zudem in Bezug auf die Aufdeckung und Verfolgung seiner materiellrechtlich noch verfolgbaren Tat nicht schutzwürdig. Er werde dies auch nicht durch bloßen Zeitablauf. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht könne nicht zu dem alleinigen Zweck in Anspruch genommen werden, sich vor dem Eintritt in Verfall, Verjährung oder Verwirkung der Verantwortung für vorsätzlich rechtswidriges Handeln zu entziehen.

BAG, Urteil vom 23.08.20182 AZR 133/18

(Quelle: Beck online)