Die Vorlage des ArbG Braunschweig und die Verfassungs-beschwerde betreffen die gesetzliche Beschränkung der sachgrundlosen Befristung gem. § 14 II 2 TzBfG von Arbeitsverhältnissen. Dem Vorlagebeschluss des ArbG lag eine Klage auf Entfristung eines Arbeitsvertrages zugrunde. Der Kläger des Ausgangsverfahrens machte geltend, die zuletzt vereinbarte sachgrundlose Befristung seines Arbeitsverhältnisses sei unwirksam, weil er bei demselben Arbeitgeber „bereits zuvor“ beschäftigt war. Das ArbG hat das Verfahren gem. Art. 100 I 1 GG ausgesetzt und dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob § 14 II 2 TzBfG mit Art. 12 I, 2 I und 3 I GG vereinbar sei. Es legt die Norm so aus, dass die sachgrundlose Befristung auf die erstmalige Beschäftigung beim jeweiligen Vertragsarbeitgeber beschränkt ist, und vertritt damit eine andere Auffassung als das BAG (NZA 2011, 905), das eine erneute sachgrundlose Befristung für zulässig hält, wenn zwischen den Beschäftigungsverhältnissen mehr als 3 Jahre liegen. Das BVerfG hatte außerdem über eine Verfassungsbeschwerde zu entscheiden, die sich gegen arbeitsgerichtliche Entscheidungen wandte, die dem BAG gefolgt waren.

Entscheidung

§ 14 II 2 TzBfG sei – so das BVerfG – mit dem Grundgesetz bei eingeschränkter Anwendung auf Fälle vereinbar, in denen die Gefahr der Kettenbefristung und eine Abkehr von unbefristeter Beschäftigung als Regelfall bestehe. Auch die Verfassungsbeschwerde sei begründet. Die angegriffene Entscheidung des LAG überschreite die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung und verletzte damit den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 I iVm. Art. 20 III GG. Sie beruhe auch auf dieser Grundrechtsverletzung, weil allein die verfassungswidrige Auslegung des § 14 II 2 TzBfG zur Wirksamkeit der streitbefangenen Befristung und damit zum Unterliegen des Beschwerdeführers im Ausgangsverfahren führe. Der Beschluss sei daher aufzugeben und die Sache an das LAG zurückzuweisen mit der Folge, dass der Beschluss des BAG vom 30.4.2014 gegenstandslos sei.

Das BVerfG lieferte mit der aktuellen Entscheidung den Arbeitsgerichten auch Ausnahmen vom Verbot der Vorbeschäftigung an die Hand, wenn etwa eine Vorbeschäftigung sehr lange zurückliegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist. Konkret könnten das

  • bestimmte geringfügige Nebenbeschäftigungen während der Schul- und Studienzeit oder der Familienzeit,
  • die Tätigkeit von Werkstudierenden oder
  • die lang zurückliegende Beschäftigung von Menschen, die sich später beruflich völlig neu orientieren, sein.

Für Arbeitgeber dürfte die aktuelle Entscheidung des BVerfG erhebliche Auswirkungen über den Einzelfall hinaus haben. Schließlich sind die vom BVerfG genannten Ausnahmen im Vergleich zur bisherigen Auslegung des BAG (noch) wenig konkret. Wie lange eine mögliche Vorbeschäftigung zurückliegen kann (auf jeden Fall länger als drei Jahre) oder welche Art der Vorbeschäftigung konkret als Ausnahme gelten kann, ist nun schwieriger einzuschätzen. Die klare zeitliche Grenze von drei Jahren dürfte hier ein einfacherer Maßstab gewesen sein. Im Gegenzug dürfen Arbeitnehmer nun vermehrt hoffen, dass in Fällen einer vorherigen Beschäftigung von mehr als 3 Jahren ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht. 

BVerfG, Beschluss vom 06.06.2018 – 1 BvL /714
BVerfG, Beschluss vom 06.06.2018 – 1 BvR 1375/14