ArbG Stuttgart: Betriebsrat des Reinigungsspezialisten Kärcher wegen Pflichtverletzung aufgelöst

Das Arbeitsgericht Stuttgart hat den Betriebsrat des Reinigungsspezialisten Kärcher am Standort Winnenden wegen grober Verletzung gesetzlicher Pflichten aufgelöst. Weder 2011 noch 2012 seien Betriebsversammlungen einberufen worden, stellte der Richter fest. Diese seien nicht nur Informationsveranstaltungen, sondern das Organ des Betriebsverfassungsrechts.

Die IG Metall hatte Klage gegen den Betriebsrat eingelegt, weil dieser zu wenige Betriebsversammlungen einberufen hatte. Nach dem Betriebsverfassungsgesetz muss das einmal im Vierteljahr geschehen. Der Richter stellte fest, dass eine im Dezember 2012 anberaumte Veranstaltung mit anschließender Jahresfeier nicht die gesetzlichen Anforderungen an eine Betriebsversammlung für den Standort Winnenden erfülle. Die Anwälte des Kärcher-Betriebsrat hatten argumentiert, die Mitarbeiter seien in einer Vielzahl von Informationsveranstaltungen unterrichtet worden.

Bislang ist das Familienunternehmen Kärcher nicht in der Tarifbindung – die IG Metall hat wenig Einfluss. Nur 2 von 17 Betriebsräten des Kärcher-Betriebsrats in Winnenden sind Mitglieder der IG Metall. «Wir wollen eigenständig sein», erklärte Betriebsratschef Hans-Jörg Ziegler gegenüber der Presse und verwies auf die jahrzehntelange Praxis bei Kärcher. Die Kultur des Unternehmens sei nicht auf Konflikte ausgelegt. Eine weitere Pflichtverletzung, wie der Richter feststellte. Der Betriebsratschef habe durch seinen Redebeitrag mehr als deutlich gemacht, dass er die Gewerkschaften lieber aus dem Unternehmen halten wolle. Das entspreche nicht dem gesetzlichen Leitbild. Das Zusammenwirken mit der Gewerkschaft sei gesetzliche Pflicht. Gewerkschaften seien «keine extraterrestrische Erscheinung, die keine Befugnisse» hätten.

Die Anwälte des Betriebsrats unterstellen der Gewerkschaft, andere Ziele zu verfolgen. «Aus unserer Sicht ist das eine reine Propaganda-Maschine», sagte Rechtsanwalt Ralf Busch. «Wenn Sie hier gewinnen, werden Sie das groß in Szene setzen, über Kärcher hinaus.» Sie monierten vor allem, dass der vom Richter gezogene Rechtsrahmen viel zu eng gefasst sei. Kaum ein Betriebsrat erfülle die Pflicht von vier Betriebsversammlungen pro Jahr, argumentieren sie. Ob die aktuelle Entscheidung zum Tragen kommt, ist noch offen. Die Kärcher-Anwälte kündigten an, den Gang durch alle Instanzen zu prüfen.

(Quelle: Beck online)