Entschädigung für nicht zu Vorstellungsgespräch eingeladenem schwerbehinderten Bewerber

Ein öffentlicher Arbeitgeber hat nach § 82 Satz 2 SGB IX einen schwerbehinderten Menschen, der sich auf eine ausgeschriebene Stelle unter Mitteilung seiner Schwerbehinderteneigenschaft beworben hat, zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, es sei denn, diesem fehlt offensichtlich die fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle. Eine unterbliebene Einladung ist nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16.02.2012 ein Indiz für die Vermutung, der Bewerber sei wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden.

Der schwerbehinderte Kläger hatte sich bei der Beklagten auf eine Ausschreibung der Bundespolizeidirektion Flughafen Frankfurt am Main als «Pförtner/Wächter» beworben. In seiner Bewerbung hatte er auf seinen Grad der Behinderung von 60 hingewiesen. Bei der Beklagten besteht eine Rahmenvereinbarung zur Integration Schwerbehinderter. Nach dieser Integrationsvereinbarung kann von einer Einladung schwerbehinderter Bewerber zum Auswahlverfahren abgesehen werden, wenn zwischen Zentralabteilung, Schwerbehindertenvertretung und Gleichstellungsbeauftragter Einvernehmen besteht, dass der Bewerber für den freien Arbeitsplatz nicht in Betracht kommt. Die Bundespolizeidirektion sah im Einvernehmen mit den zu beteiligenden Stellen von einer Einladung des Klägers zu einem Vorstellungsgespräch ab. Dieser sieht sich durch diese Nichteinladung wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt und verlangt von der Beklagten eine Entschädigung in Höhe von 5.723,28 Euro. Das Landesarbeitsgericht hat die Beklagte zur Zahlung einer Entschädigung von 2.700 Euro verurteilt.

Die Revision der Beklagten blieb vor dem Achten Senat des BAG erfolglos. Die Bundespolizeidirektion hätte den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einladen müssen, weil durch die Integrationsvereinbarung das Recht des schwerbehinderten Bewerbers auf ein Vorstellungsgespräch nicht eingeschränkt werden sollte. Deshalb bestehe die Vermutung, dass der Kläger wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden ist. Diese Vermutung habe die Beklagte nicht durch Tatsachen widerlegt, die keinen Bezug zur Schwerbehinderung des Klägers und zu dessen fachlicher Eignung haben. Nur auf solche hätte sich die Beklagte mit Erfolg berufen können, weil § 82 Satz 3 SGB IX hinsichtlich der Verpflichtung des öffentlichen Arbeitgebers zur Einladung schwerbehinderter Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch abschließenden Charakter hat. Die gegen die Höhe der ausgeurteilten Entschädigung gerichtete Revision des Klägers hat der Senat aus formalen Gründen als unzulässig verworfen.

BAG, Urteil vom 16.02.2012 – 8 AZR 697/10

Vererbbarkeit von Ansprüchen auf Urlaubsabgeltung

Endet das Arbeitsverhältnis mit dem Tod des Arbeitnehmers, erlischt zugleich der Urlaubsanspruch. Es erlischt auch dessen regelmäßig höchstpersönliche Leistungspflicht im Sinne des § BGB § 613 Satz 1 BGB. Hieraus folgt zugleich, dass alle Ansprüche auf Befreiung von dieser Arbeitspflicht untergehen. Dies gilt auch für den Urlaubsanspruch. Er kann sich deshalb nicht mehr in einen Abgeltungsanspruch gemäß § BURLG § 7 Abs. BURLG § 7 Absatz 4 BUrlG umwandeln.

Dieses Ergebnis entspricht dem von § BURLG § 7 Abs. BURLG § 7 Absatz 4 BUrlG und von Art. EWG_RL_2003_88 Artikel 7 Abs. EWG_RL_2003_88 Artikel 7 Absatz 2 der Arbeitszeitrichtlinie verfolgten Abgeltungszweck. Danach darf der Urlaub im laufenden Arbeitsverhältnis nicht abgegolten werden. Vielmehr muss dem Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Urlaub, der nicht mehr durch Freistellung gewährt werden kann, „durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden“ (Art. EWG_RL_2003_88 Artikel 7 Abs. EWG_RL_2003_88 Artikel 7 Absatz 2 der Arbeitszeitrichtlinie). Der Abgeltungszweck knüpft folglich an die Person des Arbeitnehmers an. Das Entstehen des Anspruchs setzt voraus, dass die Abgeltung als reiner Geldanspruch noch der Person des ausscheidenden Arbeitnehmers zukommen kann. Nur wenn der Arbeitnehmer nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis verstirbt, fällt der entstandene Anspruch gemäß § BGB § 1922 Abs. BGB § 1922 Absatz 1 BGB in den Nachlass.

BAG 20. 9. 2011 – 9 AZR 416/10