RBH obsiegt beim Bundesarbeitsgericht

arbeitsrecht1In einem Verfahren vor dem BAG hat die Rechtsanwaltskanzlei Berth & Hägele einen Arbeitnehmer erfolgreich vertreten. Gegenstand der Entscheidung war, ob der Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber wirksam die Inanspruchnahme der gewünschten Elternzeit mitgeteilt hat.

Folgender Sachverhalt lag hier zu Grunde:

Der Arbeitnehmer hatte zunächst per E-Mail Elternzeit für den Zeitraum 28.02.2013 bis 28.04.2013  beantragt. Nachdem ihm der Arbeitgeber mitgeteilt hatte, dass er dies so nicht akzeptieren würde, da dieser Antrag schriftlich erfolgen müsse, hat der Arbeitnehmer sodann mit einer weiteren E-Mail als Anhang den von ihm handschriftlich unterschriebenen Antrag auf Elterngeld bei der L-Bank beigefügt. In seiner E-Mail hatte er zudem seine Unterschrift eingescannt. In diesem Antrag auf Elterngeld hatte der Arbeitnehmer allerdings den Zeitraum dahingehend abgeändert, dass er nunmehr Elternzeit nicht für den Zeitraum 28.02.2013 bis 28.04.2013, sondern für den Zeitraum 01.03.2013 bis 28.03.2013 und 29.04.2013 bis 28.05.2013 begehre. Der Arbeitgeber lehnte eine Elternzeit für den zuletzt genannten Zeitraum ab und teilte mit, dass er den Arbeitnehmer an dem ursprünglichen Zeitraum 28.02.2013 bis 28.04.2013 festhalte. Nachdem auch mehrere Gespräche zwischen den Parteien zu keiner Einigung führen, teilte der Arbeitnehmer mit, dass er dann überhaupt keine Elternzeit in Anspruch nehmen möchte. Der Arbeitgeber blieb hingegen dabei, dass er davon ausgehe, dass der Arbeitnehmer in der Zeit vom 28.02.2013 bis 28.04.2013 in Elternzeit sei. Der Arbeitnehmer bot für diesen Zeitraum seine Arbeitsleistung ausdrücklich an. Nachdem der Arbeitgeber für diesen Zeitraum keinen Lohn bezahlte, klagte der Arbeitnehmer den ausstehenden Lohn im Rahmen des Annahmeverzugs ein.

Sowohl das Arbeitsgericht Stuttgart als auch das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg gaben der Klage statt. Das Bundesarbeitsgericht bestätigte nun in letzter Instanz die Auffassung des Arbeitnehmers.

Maßgeblich bei der Klärung, ob der Arbeitnehmer Lohn für diesen Zeitraum verlangen könnte, war, ob er sich in diesem Zeitraum aufgrund des zuvor erfolgten Schriftverkehrs in Elternzeit befunden habe oder nicht. Zentrale Frage war hier, ob der Arbeitnehmer zuvor einen wirksamen Antrag auf Elternzeit gestellt habe. Dies war deshalb fraglich, da § 16 Abs. 1 S. 1 BEEG a.F. noch voraussetzte, dass dieser Antrag der Schriftform bedarf, der Arbeitnehmer aber in beiden Fällen sein Begehren jeweils per E-Mail dem Arbeitgeber mitgeteilt hat, was grundsätzlich für die Schriftform nach 126 BGB nicht ausreicht. Das Bundesarbeitsgericht hatte also zu klären, ob die im Gesetz vorgegebene Schriftform nach 126 BGB zwingend erforderlich ist, oder auch die reine Textform nach 126b BGB, wie zum Beispiel eine E-Mail, ausreicht.

Das BAG hat die Auffassung von RBH bestätigt, dass weiterhin an der zwingenden Schriftform festzuhalten war und dem Arbeitnehmer Recht gegeben.

Das Urteil des BAG ist unter dem folgenden Link aufrufbar:

http://juris.bundesarbeitsgericht.de/zweitesformat/bag/2016/2016-09-08/9_AZR_149-15.pdf

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Einvernehmliche Elternteilzeitregelung nicht auf Anspruch auf zweimalige Verringerung der Arbeitszeit anzurechnen

Nach § 15 Abs. 6 BEEG kann der Arbeitnehmer unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 7 BEEG während der Gesamtdauer der Elternzeit zweimal eine Verringerung der Arbeitszeit beanspruchen, soweit keine einvernehmliche Regelung möglich ist. Dabei ist eine einvernehmliche Elternteilzeitregelung nicht auf diesen Anspruch anzurechnen, entschied das Bundesarbeitsgericht.

Die Klägerin, seit 2006 bei der Beklagten in Vollzeit beschäftigt, brachte am 05.06.2008 ein Kind zur Welt und nahm zunächst für die Dauer von zwei Jahren bis zum 04.06.2010 Elternzeit in Anspruch. Am 03.12.2008 vereinbarten die Parteien die Verringerung der Arbeitszeit für den Zeitraum vom 01.01.2009 bis zum 31.05.2009 auf wöchentlich 15 Stunden und für die Zeit vom 01.06.2006 bis zum Ende der Elternzeit am 04.06.2010 auf wöchentlich 20 Stunden. Mit Schreiben vom 07.04.2010 nahm die Klägerin ab dem 05.06.2010 bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres ihres Kindes erneut Elternzeit in Anspruch und beantragte gleichzeitig, wie bisher 20 Stunden wöchentlich zu arbeiten. Die beklagte Arbeitgeberin lehnte dies ab.

Während das Arbeitsgericht die Firma verurteilte, das Angebot der Klägerin auf entsprechende Vertragsänderung anzunehmen, wies das Landesarbeitsgericht die Klage auf die Berufung der Beklagten ab. Die hiergegen eingelegte Revision der Arbeitnehmerin hatte Erfolg. Dem Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit stehe entgegen der Auffassung des LAG die Vereinbarung der Parteien vom 03.12.2008 nicht entgegen. Einvernehmliche Elternteilzeitregelungen seien nämlich nicht auf den Anspruch auf zweimalige Verringerung der Arbeitszeit anzurechnen, so das BAG.

BAG, Urteil vom 19.02.2013 – 9 AZR 461/11

(Quelle: Beck online)

Über die Verlängerung der Elternzeit entscheidet der Arbeitgeber nach billigem Ermessen

Die Klägerin verlangte von ihrer Arbeitgeberin die Zustimmung zur Verlängerung der Elternzeit. Nach Geburt ihres fünften Kindes am 03.01.2008 nahm sie zunächst ein Jahr Elternzeit. Am 08.12.2008 ging bei der Beklagten das Verlängerungsgesuch der Klägerin um ein Jahr ein. Sie berief sich auf ihren Gesundheitszustand. Die Beklagte lehnte die Verlängerung mit Schreiben vom 11.12.2008 ab und forderte die Klägerin auf, nach Ablauf der einjährigen Elternzeit pünktlich zur Arbeit zu erscheinen. Im Rechtsstreit erklärte die Klägerin zum Sachverhalt, dass ihre Tochter Ende des Jahres 2008 ernsthaft und akut erkrankt sei und sie aus diesem Grund die Elternzeit verlängern müsse. Die Beklagte erteilte der Klägerin eine Abmahnung, nachdem sie nach Ablauf der einjährigen Elternzeit nicht zur Arbeit erschien. Die Beklagte meinte, dass die Klägerin ohne die Zustimmung der Beklagten keine Verlängerung der Elternzeit erreichen könnte und dass die Klägerin es außerdem versäumt habe, die siebenwöchige Ankündigungsfrist einzuhalten.

Das ArbG verurteilte die Beklagte, der Verlängerung der Elternzeit „bis auf Weiteres, längstens“ um zwei Jahre zuzustimmen und die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen. Das LAG wies die Klage ab, soweit die Klägerin eine Verlängerung der Elternzeit bis zum 02.01.2010 begehrte und wies auch die Klage auf Entfernung der Abmahnung ab. Über eine Verlängerung der Elternzeit um ein zweites Jahr für die Zeit vom 02.01.2010 bis zum 02.01.2011 entschied das LAG nicht.

Das BAG hob das Berufungsurteil auf und wies die Sache zurück. Der 9. Senat setzt sich zunächst damit auseinander, in welcher Form und mit welchen Anträgen das Verlängerungsverlangen geltend gemacht werden kann. Zu Unrecht habe das ArbG die Beklagte zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt und damit zu etwas anderem, als die Klägerin beantragt hatte. Die Klägerin hatte die Feststellung beantragt, dass ihr Elternzeit zustünde. In der zweiten Instanz sei dieser Verstoß gegen § 308 I 1 ZPO geheilt worden, da die Klägerin sich mit dem Antrag auf Zurückweisung der Berufung diese Tenorierung für ihren eigenen Antrag zueigen gemacht hatte.

In der Sache stellt das Gericht fest, dass die Verlängerung der Elternzeit der Zustimmung des Arbeitgebers bedarf. Der vorliegende Fall folge nicht den Regeln des § 16 III 4 BEEG. Nur in diesem einen gesetzlich geregelten Fall könne der Arbeitnehmer die Verlängerung verlangen. Voraussetzung sei, dass ein vorgesehener Wechsel in der Anspruchsberechtigung zwischen den Anspruchsberechtigten sich nicht mehr verwirklichen ließe. Ebensowenig sei das Verlängerungsverlangen formal und in den Entscheidungsabläufen mit dem Elternzeitverlangen selbst gleichzusetzen. Das erstmalige Elternzeitverlangen folge anderen formalen Voraussetzungen. Die gesetzliche Anforderung einer Erklärung über die Inanspruchnahme von Elternzeit innerhalb von zwei Jahren trage dem Interesse des Arbeitgebers an Planungssicherheit Rechnung.

Das Gericht stellt fest, dass die Beklagte die Zustimmung nicht allein deshalb verweigern durfte, weil die Klägerin weniger als sieben Wochen vor dem Ende der Elternzeit um die Verlängerung gebeten hatte. Der Arbeitgeber sei an die Grenzen des billigen Ermessens (§ 315 BGB) gebunden. Der Arbeitgeber müsse die wesentlichen Umstände des einzelnen Falles abwägen. Diese müsse das LAG im vorliegenden Fall weiter aufklären.

Bemerkenswert am vorliegenden Verfahren ist, dass diese Frage in der dritten Instanz entschieden werden musste. Gesetzlich geregelt ist in § 16 III 1 BEEG, dass die Elternzeit „im Rahmen des § 15 II verlängert werden kann, wenn der Arbeitgeber zustimmt“. Gesetzlich geregelt ist außerdem, dass die Verlängerung „verlangt werden“ kann, wenn ein bestimmter Grund vorliegt, der hier unstreitig nicht vorlag. Das BEEG soll in diesen Fällen die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigen. Zu diesen Interessen gehört auch das Interesse des Arbeitgebers an Planbarkeit. Gerade wenn der Arbeitgeber nach Ablauf der Elternzeit einen vertragsgemäßen Arbeitsplatz bereithalten soll, ist er darauf angewiesen, den Zeitpunkt der Rückkehr aus der Elternzeit zu kennen, oder einbezogen zu werden in eine Änderung dieser Terminplanung.

BAG, Urteil vom 18.10.2011 – 9 AZR 315/10 (LAG Baden-Württemberg)

Zur Berechnung des Verdienstes nach dem Mutterschutzgesetz

Zur Ermittlung des Verdienstes während des Beschäftigungsverbotes muss auf einen Zeitraum abgestellt werden, der dazu geeignet ist, einen realen Durchschnittsverdienst auszurechnen. Im Fall einer schwangeren Flugbegleiterin musste auf ein volles Jahr zurückgegriffen werden.

Eine Flugbegleiterin hatte ihre Jahresarbeitszeit auf 90 Prozent reduziert. Dadurch standen ihr jährlich 37 sogenannte Teilzeittage zu, an denen sie nicht arbeiten musste. Im Übrigen erfolgte ihre Arbeitseinteilung wie bei einem Vollzeitbeschäftigten. Als die Stewardess schwanger wurde, galt für sie ein Beschäftigungsverbot ab Mitte Oktober 2008 bis Ende April 2009.

Die Beklagte berechnete nach dem Mutterschutzgesetz die geschuldete Vergütung für die Zeit des Beschäftigungsverbots. Dafür legte sie die letzten dreizehn Wochen vor Beginn der Schwangerschaft der Flugbegleiterin zu Grunde.

Die Stewardess vertrat die Auffassung, dass die Berechnung falsch sei, da ihre Teilzeittage in diesen Zeitraum fielen und den Verdienst unterdurchschnittlich senkten. Sie klagte gegen die Berechnung vor dem Arbeitsgericht (ArbG) Köln. Das ArbG Köln wies die Zahlungsansprüche der Klägerin durch Teilurteil ab.

In der Berufung vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Köln bekam die Klägerin Recht. Die Beklagte durfte nicht die letzten dreizehn Wochen vor der Schwangerschaft für die Berechnung der geschuldeten Vergütung zu Grunde legen.

Nach § 11 Abs. 1 S. 2 MuSchGExterner Link (Mutterschutzgesetz) bleiben Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum unter anderem wegen unverschuldeter Arbeitsversäumnis eintreten, für die Berechnung des Durchschnittsverdienstes außer Betracht.

Berücksichtigt die Beklagte nur den Zeitraum von dreizehn Wochen, so das LAG Köln, so werde dem Zweck der Vorschrift des § 11 MuSchG nicht entsprochen. Dieser liege darin, das Arbeitseinkommen der Frau zu sichern, damit sie ihren Lebensstandard in der Zeit aufrechterhalten kann, in der sie einem Beschäftigungsverbot unterliegt.

Dieser Durchschnittsverdienst lasse sich aber aus dem Dreimonatszeitraum nicht ableiten, wenn die Arbeitszeitreduzierung bei der Klägerin erst durch sogenannte Teilzeittage in einem vollen Kalenderjahr ausgeglichen ist. Die Umstände des Einzelfalles seien hier entscheidend. Um den tatsächlichen Durchschnittsverdienst zu ermitteln, ist auf das Kalenderjahr abzustellen.

LAG Köln, Urteil vom 21.12.2011, 8 Sa 1328/10