Kündigung nach Arbeitsunfall in der Probezeit nicht treuwidrig

Die Kündigung eines während der Probezeit bei einem Arbeitsunfall verletzten Arbeitnehmers ist per se weder sittenwidrig noch treuwidrig. Dies hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf am 15.10.2012 dem betroffenen Arbeitnehmer im Berufungsverfahren mitgeteilt. Daraufhin endete das Verfahren mit der Rücknahme des Rechtsmittels.

Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 19.09.2011 als Industriemechaniker in der Scherenendmontage tätig. Bei einem Arbeitsunfall am 16.11.2011 wurden ihm vier Finger der rechten Hand abgetrennt. Drei Finger wurden erfolgreich reimplantiert. Die Beklagte meldete den Unfall unverzüglich der Berufsgenossenschaft. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 25.01.2012 unter Wahrung der für die Probezeit vereinbarten Kündigungsfrist zum 09.02.2012.

Der Kläger hält die Kündigung für unwirksam, weil die Beklagte sich treuwidrig verhalte. Solange nicht geklärt sei, wen das Verschulden an dem Arbeitsunfall treffe, komme eine Probezeitkündigung nicht in Betracht. Er behauptet, er habe kurz vor dem Aktivieren der Schneidemaschine noch den Auftrag erhalten, die Transportrollen zu überprüfen. Die Beklagte behauptet, der Kläger habe die Maschine zusammen mit zwei Kollegen aktiviert und dann ohne jede Veranlassung in die bereits aktivierte Maschine gegriffen. Er habe sich bereits vor dem Arbeitsunfall als nicht «teamfähig» erwiesen, weil er sich nicht verlässlich an Sicherheitsvorkehrungen gehalten habe. Es sei deshalb zweimal zu unfallgefährlichen Situationen gekommen.

Das Arbeitsgericht hatte in erster Instanz die Klage abgewiesen. Die Kündigung habe keiner sozialen Rechtfertigung bedurft, weil die sechsmonatige Wartezeit für die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes noch nicht abgelaufen war. Die Kündigung sei weder sittenwidrig (§ 138 BGB) noch treuwidrig (§ 242 BGB). Ein treuwidriges Verhalten der Beklagten habe der Kläger nicht darlegen können. Nach der Erörterung in der Berufungsverhandlung vor dem Landesarbeitsgericht nahm der Kläger seine Berufung zurück, sodass das Urteil des Arbeitsgerichts rechtskräftig geworden ist.

LAG Düsseldorf, Entscheidung vom 15.10.2012

(Quelle: Beck online)