Der Abschluss eines Aufhebungsvertrags regelt die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses, welche den Ausspruch einer einseitigen Kündigung entbehrlich macht. Dennoch kann sich der Arbeitnehmer unter bestimmten Bedingungen wieder von dem vereinbarten Aufhebungsvertrag lösen, wenn er nachträglich von seiner ursprünglichen Entscheidung abrücken will.
Wie das funktionieren kann, wird in einem Beitrag in der NJW (NJW 2019, 2445) dargestellt, den wir hier zusammengefasst darstellen.

Keine Einhaltung der Schriftform

Die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses bedarf gem. § 623 BGB der gesetzlichen Schriftform. Die elektronische Form wird vom Gesetz ausdrücklich für unzulässig erklärt (§ 623 Hs. 2 BGB). Die gesetzliche Schriftform wiederum erfordert gem. § 126 II 1 BGB die eigenhändige Unterschrift beider Vertragsparteien auf derselben Urkunde. Da der Aufhebungsvertrag regelmäßig aus mehreren Seiten bestehen wird, ist eine körperliche Verbindung ratsam. Gesetzlich zwingend ist eine solche Verbindung nicht, wenn sich die Einheit der Urkunde aus anderen Umständen ergibt, zum Beispiel durch Paginierung, fortlaufende Nummerierung, einheitliche grafische Gestaltung oder vergleichbare Merkmale. Erfüllt der Aufhebungsvertrag die Anforderungen der gesetzlichen Schriftform nicht, ist er nach § 125 S. 1 BGB unwirksam. Beruft sich der Arbeitnehmer auf eine solche Formunwirksamkeit, kann dies gegebenenfalls gegen das Gebot von Treu und Glauben gem. § 242 BGB verstoßen, so etwa, wenn der Arbeitnehmer seiner Beendigungsabsicht mit ganz besonderer Verbindlichkeit und Endgültigkeit mehrfach Ausdruck verleiht und damit einen besonderen Vertrauenstatbestand schafft

Keine ordnungsgemäße Vertretung

Arbeitgeber und Arbeitnehmer können sich bei Abschluss des Aufhebungsvertrags durch einen rechtsgeschäftlich bevollmächtigten Vertreter vertreten lassen. Die entsprechende Vollmacht bedarf gem. § 167 II BGB nicht der gesetzlichen Schriftform. Auch ist § 174 BGB bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags nicht einschlägig, so dass die Vorlage einer originalen Vollmachtsurkunde entbehrlich ist. Der Wille zur Vertretung muss im Aufhebungsvertrag jedoch deutlich werden, etwa durch Unterzeichnung oberhalb der Unterschriftszeile mit der Bezeichnung „Arbeitgeber“ (NZA 2008, 348 [351] = NJW 2008, 1341 Ls.).

Relevant wird die Möglichkeit zur Vertretung vor allem für den Arbeitgeber, der sich bei dem Abschluss von Aufhebungsverträgen häufig durch Angestellte, wie etwa den Leiter der Personalabteilung, vertreten lassen wird. Handelt für den Arbeitgeber ein Angestellter ohne entsprechende Vollmacht, kann der Arbeitnehmer den Aufhebungsvertrag noch bis zur Genehmigung durch den Arbeitgeber gem. § 178 S. 1 BGB widerrufen. Dies gilt freilich nur, wenn der Arbeitnehmer das Fehlen der Vollmacht bei Abschluss des Aufhebungsvertrags nicht kennt (§ 178 S. 1 Hs. 2 BGB)

Verstoßes gegen das Teilzeit- und Befristungsgesetz

Ein entscheidender Punkt bei der Verhandlung von Aufhebungsverträgen ist neben der Höhe der Abfindung auch immer der Zeitpunkt der Beendigung selbst. Dem Arbeitnehmer ermöglicht ein später Beendigungstermin die Suche nach einer neuen Beschäftigung aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis heraus. Wird zudem zugunsten des Arbeitnehmers ein vorzeitiges Lösungsrecht (Turbo- oder Sprinterklausel) vereinbart, bietet dies dem Arbeitnehmer weitgehende Flexibilität. Vielen Arbeitnehmern ist diese Flexibilität oftmals wichtiger als (allein) eine hohe Abfindungssumme.

Liegt der Beendigungszeitpunkt jedoch lange nach dem Zeitpunkt der Vereinbarung, so kann der Aufhebungsvertrag als nachträgliche Befristung des bestehenden Arbeitsvertrags ausgelegt werden. Maßgeblich ist eine Gesamtschau aller Umstände: Auch wenn der von den Parteien gewählte Beendigungszeitpunkt die jeweilige Kündigungsfrist um ein Vielfaches überschreitet, kann es sich um eine Aufhebungsvereinbarung handeln, wenn nach der Vereinbarung keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung mehr bestehen soll und zugleich Abwicklungsmodalitäten wie Abfindung, Zeugniserteilung und Rückgabe von Firmeneigentum geregelt werden

Anfechtung wegen Irtrtum

Unterliegt eine der Vertragsparteien bei Abschluss des Aufhebungsvertrags einem Irrtum iSd § 119 BGB, kann sie die auf den Abschluss des Aufhebungsvertrags gerichtete Willenserklärung anfechten, wenn sie die Erklärung bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falls nicht abgegeben hätte.

Anfechtung wegen Täuschung

Unterliegt eine der Vertragsparteien bei Abschluss des Aufhebungsvertrags einem Irrtum iSd § 119 BGB, kann sie die auf den Abschluss des Aufhebungsvertrags gerichtete Willenserklärung anfechten, wenn sie die Erklärung bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falls nicht abgegeben hätte.

Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung

Im Zusammenhang mit Aufhebungsverträgen hat die Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung iSv § 123 BGB die Rechtsprechung am meisten beschäftigt.

Eine Drohung liegt vor, wenn eine Vertragspartei ein künftiges Übel in Aussicht stellt, auf dessen Eintritt sie Einfluss zu haben vorgibt (BAGE 100, 52 = NZA 2002, 731). Eine solche Drohung berechtigt allerdings erst dann zur Anfechtung, wenn sie auch widerrechtlich ist, das heißt der Zweck der Drohung, das Mittel des Drohenden oder die Zweck-Mittel-Relation rechtswidrig ist.

Droht der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mit einer ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung für den Fall, dass der Arbeitnehmer den Aufhebungsvertrag nicht unterzeichnet, ist diese Drohung nur dann widerrechtlich, wenn der Arbeitgeber die Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte (BAG, NJW 2007, 1831 = NZA 2007, 466 [469]). Auch wenn es dabei nicht erforderlich ist, dass sich die angedrohte Kündigung in einem Kündigungsschutzprozess als rechtswirksam erweisen würde, muss die fragliche Pflichtverletzung als Kündigungsgrund geeignet sein (BAG, NJW 2002, 2196 = NZA 2002, 731 [733]). Das ist nicht der Fall, wenn die zweiwöchige Ausschlussfrist des § 626 II BGB bereits verstrichen ist (BAG, NJOZ 2003, 2491 = DB 2003, 1685 [1685]). Ebenso wäre eine Drohung mit einer außerordentlichen Kündigung widerrechtlich, wenn der Arbeitgeber sich verpflichtet hat, bei einer entsprechenden Pflichtverletzung des Arbeitnehmers zunächst abzumahnen oder
wenn der Arbeitgeber durch eine Abmahnung auf sein Kündigungsrecht verzichtet hatte. Kann der Arbeitgeber hingegen aufgrund der Schwere der Pflichtverletzungen eine außerordentliche Kündigung auch ohne Abmahnung in Betracht ziehen, darf er mit einer solchen Kündigung wohl auch drohen (LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 28.1.2016 – 5 Sa 398/15, BeckRS 2016, 67784).

Dagegen stellt es keine widerrechtliche Drohung iSd § 123 I Alt. 2 BGB dar, wenn dem Arbeitnehmer keine Bedenkzeit eingeräumt wird. Zeitdruck allein führt nicht zu einer Zwangslage des Arbeitnehmers, die seine Entscheidungsfähigkeit vergleichbar einer Drohung beeinflusst (BAG, NJW 1983, 2958 [2959]).

Die widerrechtlich bedrohte Vertragspartei muss die Anfechtung gem. § 124 I BGB binnen Jahresfrist ab Ende der Bedrohungslage erklären.

Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns

Jüngst hat das BAG entschieden, dass auch der Verstoß gegen das „Gebot fairen Verhandelns“ zur Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrags führen kann (BAG, NJW 2019, 1966 = NZA 2019, 688 [691]). Das aus den vertraglichen Nebenpflichten gem. § 311 II Nr. 1 iVm § 241 II BGB hergeleitete Gebot kann bei einer möglichen Überrumpelung des Arbeitnehmers relevant werden, zum Beispiel durch Verhandlungen zu ungewöhnlichen Zeiten oder an ungewöhnlichen Orten oder bei der Ausnutzung einer erkennbaren krankheitsbedingten Schwäche des Arbeitnehmers oder unzureichender Sprachkenntnisse.

Rücktritt vom Aufhebungsvertrag

Sofern – wie üblich – ein Rücktrittsrecht nicht vertraglich vereinbart wird, kann der Arbeitnehmer einen Rücktritt nur auf das gesetzliche Rücktrittsrecht aus § 323 I BGB stützen. Zahlt der Arbeitgeber die vereinbarte Abfindung nicht oder nicht rechtzeitig, kann der Arbeitnehmer daher nach fruchtlosem Verstreichen einer gesetzten Frist zur Leistung dem Arbeitgeber gegenüber den Rücktritt erklären. Eine entsprechende Erklärung könnte wie folgt lauten:

„Hiermit trete ich von dem Aufhebungsvertrag vom […] zurück, da Sie die vereinbarte Abfindung trotz angemessener Fristsetzung nicht gezahlt haben.“

Bitte beachten  Sie, dass auch hier jedes Mal eine Einzelfallprüfung erforderlich ist, ob die oben genannten Beispiele auch in Ihrem Fall zutreffen könnten.

(Quelle: NJW 2019, 2445)