Außerordentliche Kündigung des GmbH-Geschäftsführers wegen fehlender interner Kozernkontrolle

Der Kl. begehrt Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung seines Geschäftsführeranstellungsvertrags, Übertragung seines Resturlaubsanspruchs aus 2004 in das Jahr 2005 und hilfsweise Urlaubsabgeltung durch Zahlung. Das LG hat die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kl. mit der Berufung, mit der er nur noch die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung weiterverfolgt. Der heute 60-jährige Kl. ist im Jahre 1994 zum befristeten Geschäftsführer der Bekl. bestellt worden, die ihm gegenüber am 29. 11. 2004 die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung erklärte. Sie stützt diese auf zahlreiche, auch nachgeschobene Vorwürfe. Neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Bekl. war der Kl. auch Geschäftsführer beider Tochtergesellschaften, Firma S Gesellschaft Klinikum BS mbH und Firma Seniorenpflege BS-GmbH. An Ersterer war sie neben einer Firma D mit 50,8% beteiligt, an Letzterer neben anderen Gesellschaftern (einer Firma F und einer Firma B) mit 51,17%. Bei der Servicegesellschaft fungierte neben dem Kl. F bis 17. 4. 2004 als weiterer Geschäftsführer und danach bis 7. 10. 2004 als Prokurist.

Der Kläger hat seine Pflichten als Geschäftsführer in einer Weise verletzt, die eine außerordentliche Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB rechtfertigte. Denn er hat kein Kontrollsystem zur Unterbindung von Scheinrechnungen eingerichtet. Hierbei kann dahinstehen, ob die Scheinrechnungen aus sich heraus als solche erkennbar waren. Denn darauf kommt es nicht an. Maßgeblich ist, dass er kein Kontrollsystem installiert hat, das es ermöglichte, das Fehlen der in Rechnung gestellten Lieferungen und Leistungen unabhängig von den Formalien der ausgestellten Rechnungen aufzudecken.

Des Weiteren besteht bei mehreren Geschäftsführern eine wechselseitige Überwachungspflicht (Goette, Die GmbH nach der BGH-Rspr., 1997, § 8 Rdnrn. 41 m.w. Nachw., 48, 118 m.w. Nachw.).

Dies gilt jedenfalls bei grundlegenden Pflichten, wie der Buchführungspflicht. Diese gehört zum Aufgabenkreis der Geschäftsführer, die alle hierfür verantwortlich sind, auch im Falle einer Aufgabenteilung (Sudhoff, Rechte und Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH und einer GmbH & Co., 14. Aufl. [1994], S. 73f. m.w. Nachw.; Langseder, in: Beck’sches Hdb. d. GmbH, § 9 Rdnrn. 1ff.). Einen beauftragten Buchhalter müssen sie fortlaufend überwachen (Sudhoff, S. 73f.). Die Buchführung muss ordnungsgemäß sein (Sudhoff, S. 73f.). Dies beurteilt sich nach §§ 238ff. HGB (Sudhoff, S. 73f.). Dementsprechend muss der Warenein- und -ausgang aufgezeichnet werden, damit der Warenbestand nach § 266 HGB in der Bilanz erfasst werden kann. Er muss anhand von Belegen nachvollzogen und geprüft werden können (Langseder, in: Beck’sches Hdb. d. GmbH, § 9 Rdnr. 7). Die Buchungsbelege müssen zehn Jahre lang aufbewahrt werden (Langseder, in: Beck’sches Hdb. d. GmbH, § 9 Rdnr. 15). Soweit Dienstleistungen bezogen und bezahlt werden, sind diese als „Verbindlichkeiten aus Leistungen” zu verbuchen (§ 266 HGB). Auch sie müssen anhand von Belegen nachvollzogen und geprüft werden können.

Gegen diese Pflichten ist bei der Servicegesellschaft verstoßen worden, deren Geschäftsführer der Kläger und F waren. Denn es sind Scheinrechnungen bezahlt worden, ohne die Verpflichtung hierzu anhand von Belegen zu überprüfen.

OLG Jena, Urteil vom 12. 8. 2009 – 7 U 244/07