Fristlose Kündigung des Geschäftsführers bei Duldung sexueller Belästigung

Ein mangelndes Einschreiten des Geschäftsführers gegen sexuelle Belästigungen von Angestellten durch andere Mitarbeiter oder Mitgeschäftsführer kann grundsätzlich eine ggf. auch die fristlose Kündigung tragende Pflichtverletzung darstellen.

Denn zu den Pflichten der Führungskräfte eines Unternehmens gehört es nicht nur, selbst derartige Belästigungen gegenüber Mitarbeitern zu unterlassen, sondern auch, derartige Belästigungen von den Angestellten bei Ausübung ihrer Tätigkeit fernzuhalten, soweit dies in ihrem Einflussbereich liegt, aktiv dagegen einzuschreiten, sofern ihnen entsprechendes Verhalten anderer Mitarbeiter bekannt wird, und entsprechenden Beschwerden zunächst einmal nachzugehen. In gesteigertem Maße gilt dies, soweit es um den Schutz von Auszubildenden geht, denen gegenüber insoweit eine besondere Fürsorgepflicht besteht (vgl. § 14 Absatz I Nr. 5 BBiG).

OLG Hamm, Urteil vom 01.03.2007 – 27 U 137/06

Fristlose Kündigung eines Geschäftsführers aufgrund sexueller Belästigung

Es ist anerkannt, dass die sexuelle Belästigung einer Arbeitnehmerin an ihrem Arbeitsplatz durch einen Vorgesetzten einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses darstellt (BAG v. 25.03.2004). Nach § 2 Absatz 2 Satz 1 Beschäftigtenschutzgesetz (BSchG), das gemäß § 33 Absatz 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) hier noch anwendbar ist, ist eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz jedes vorsätzliche, sexuell bestimmte Verhalten, das die Würde von Beschäftigten am Arbeitsplatz verletzt. Dazu gehören gemäß § 2 Abs. 2 S. 2 Ziff. 2 BSchG auch sexuelle Handlungen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie Zeigen und sichtbares Anbringen von pornografischen Darstellungen, die von den Betroffenen erkennbar abgelehnt werden. Auch wer am Arbeitsplatz die allgemein übliche minimale körperliche Distanz zu einer Mitarbeiterin regelmäßig nicht wahrt, sondern diese gezielt unnötig und wiederholt anfasst bzw. berührt oder gar sich mit seinem Körper an die Mitarbeiterin herandrängelt, obwohl all diese Kontakte erkennbar nicht erwünscht sind, begeht eine sexuelle Belästigung (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27.09.2006).

OLG Frankfurt, Urteil vom 27.05.2008 – 5 U 233/04

Unterlassene Zustimmungseinholung zu Beteiligungsveräußerung als Kündigungsgrund für Geschäftsführer

Holt der Geschäftsführer einer GmbH satzungswidrig die Zustimmung der Gesellschafterversammlung zur Veräußerung von Beteiligungen nicht ein, kann ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung seines Anstellungsvertrags fehlen, wenn besondere Umstände den Verstoß gegen die innergesellschaftliche Kompetenzordnung in einem milderen Licht erscheinen lassen.

Die Geschäftsführer der Beklagten haben zwar gegen die innergesellschaftliche Kompetenzordnung verstoßen, weil sie satzungswidrig zur Veräußerung des Grundstücks in W. und zur Veräußerung der Geschäftsanteile der Beklagten an der F. GmbH nicht die Zustimmung der Gesellschafterversammlung eingeholt haben. Dies hat das Berufungsgericht aber in revisionsrechtlich nicht angreifbarer Weise nicht als so schwerwiegend erachtet, dass es der Beklagten daraufhin unzumutbar war, die Geschäftsführer weiter in ihren Diensten zu belassen.

Die Geschäftsführer konnten davon ausgehen, dass der Verkauf dem Willen aller Gesellschafter entsprach. In den Gesellschafterversammlungen der Vorjahre waren sich die Gesellschafter einig, die nicht mehr benötigte Immobilie in W. und die Anteile an der F. GmbH so bald und so gut als möglich zu verkaufen. Die Geschäftsführer handelten danach nicht eigenmächtig und hinter dem Rücken der Gesellschafter, und die erzielten Kaufpreise, insbesondere der hohe Erlös für die in den Vorjahren nicht ertragreiche F. GmbH, waren günstig.

Deswegen und mit Rücksicht auf die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit durften die Geschäftsführer, ohne dass damit das notwendige Vertrauensverhältnis zu den Gesellschaftern schwer beeinträchtigt wurde, die Verträge unterzeichnen, ohne vorher die Entschließung der Gesellschafterversammlung einzuholen.

BGH, Beschluss vom 10.12.2007 – II ZR 289/06

Außerordentliche Kündigung eines Geschäftsführers wegen Insolvenzverschleppung

1. Ein Insolvenzverwalter des Vermögens einer GmbH ist befugt, einen wichtigen Grund für eine von der GmbH vor Insolvenzeröffnung erklärte außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages ihres Geschäftsführers nachzuschieben.

2. Eine schuldhafte Insolvenzverschleppung durch den Geschäftsführer einer GmbH berechtigt diese zur Kündigung seines Anstellungsvertrages aus wichtigem Grund. Die Ausschlussfrist des § 626 Absatz II 1 BGB beginnt nicht vor Beendigung des pflichtwidrigen Dauerverhaltens.

Handelt es sich wie hier um eine Insolvenzverschleppung, so steht bei der erforderlichen Zumutbarkeits- und Interessenabwägung auf Seiten der insolvenzreifen Gesellschaft ihr normatives Eigeninteresse im Vordergrund, ihre noch vorhandene Vermögensmasse im Interesse der Gesamtheit ihrer Gläubiger zu erhalten. Das zeigt z.B. § 64 Absatz II GmbHG, welcher der Gesellschaft einen Ersatzanspruch gegen ihren Geschäftsführer im Fall einer Masseverkürzung zu Gunsten einzelner Gläubiger zuweist. Aus dieser Sicht ist es der Gesellschaft im Rahmen von § 626 Absatz I BGB nicht zuzumuten, einen ihre Insolvenz schuldhaft verschleppenden Geschäftsführer weiterzubeschäftigen und ihm auch noch über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hinaus – bis zum Wirksamwerden einer etwaigen Kündigung durch den Insolvenzverwalter gem.§ 113 Absatz I InsO – Gehalt aus der Insolvenzmasse (§ 55 Absatz I Nr. 2 InsO; vgl. Uhlenbruck/Hirte, InsO, 12. Aufl., § 11 Rdnr. 127 m.w. Nachw.) zu zahlen. Schon wegen der Maßgeblichkeit des genannten Gesellschaftsinteresses kann der Kl. der Kündigung aus dem vom Bekl. geltend gemachten wichtigen Grund nicht entgegenhalten, dass die beiden an der Kündigung mitwirkenden anderen Gesellschafter-Geschäftsführer auch ihrerseits zu rechtzeitiger Stellung eines Insolvenzantrages verpflichtet gewesen wären. Davon abgesehen läge nach dem Vortrag des Bekl. eine Pflichtwidrigkeit des Kl. auch ihnen gegenüber vor, weil er sie über die offenbar zunächst nur ihm bekannte Insolvenzreife der Schuldnerin nicht rechtzeitig informiert hat. Hinzu kommt, dass auch noch ein weiterer, nicht geschäftsführender Gesellschafter an dem Kündigungsbeschluss mitgewirkt hat.

BGH, Urteil vom 20. 6. 2005 – II ZR 18/03

Keine vorherige Abmahnung bei fristloser Kündigung eines Geschäftsführers notwendig

Der Geschäftsführer einer GmbH bedarf keiner Hinweise, dass er die Gesetze und die Satzung der Gesellschaft zu achten und seine organschaftlichen Pflichten ordnungsgemäß zu erfüllen hat; die Wirksamkeit der Kündigung seines Dienstvertrages aus wichtigem Grund setzt deswegen eine vorherige Abmahnung nicht voraus.

Der Geschäftsführer einer GmbH ist nicht Arbeitnehmer der Gesellschaft, sondern hat eine organschaftliche Aufgabe wahrzunehmen. Zu seinen Leistungsaufgaben gehört es, dass er für die Ordnungsgemäßheit und Rechtmäßigkeit des Verhaltens der Gesellschaft und der für sie handelnden Personen nach außen die Verantwortung trägt und im Innenverhältnis die Arbeitgeberfunktion erfüllt (vgl. BGHZ 49, BGHZ Band 49 Seite 30f. = NJW 1968, NJW Jahr 1968 Seite 396). Dementsprechend bedarf er erst recht keiner Hinweise der Gesellschafterversammlung oder des Aufsichtsrates, dass er sich an die Gesetze, an die Satzung und an die in seinem Dienstvertrag niedergelegten Pflichten zu halten hat; vielmehr hat er sich – wie der Senat bereits ausgesprochen hat (Senat, NJW 2000, NJW Jahr 2000 Seite 1638 = LM H. 8/2000 § 626 BGB Nr. 44 = ZIP 2000, ZIP Jahr 2000 Seite 667; Senat, NJW 2000, NJW Jahr 2000 Seite 1864 = LM H. 6/2000 § 611 BGB Nr. 100 = ZIP 2000, ZIP Jahr 2000 Seite 508) – ohne Abmahnung und von sich aus im Rahmen seines Pflichtenkreises dem Standard eines ordentlichen Geschäftsmanns entsprechend zu verhalten.

BGH, Urteil vom 10. 9. 2001 – II ZR 14/00

Fristlose Kündigung aufgrund Nichtumsetzung von Gesellschafterbeschlüssen

Ein wichtiger Grund i. S. des § 626 Absatz I BGB für die Kündigung eines Geschäftsführer-Dienstvertrags liegt vor, wenn sich der Geschäftsführer durch eine zwar wirksame, aber als unberechtigt zu qualifizierende Amtsniederlegung der Möglichkeit begibt, die Geschäftsführeraufgaben gerade im Außenverhältnis für die Gesellschaft wahrzunehmen und damit deren rechtsgeschäftlichen Handlungsbereich in für diese unzumutbarer Weise verengt. Eine solche Amtsniederlegung ist auch dann als unberechtigt zu qualifizieren, wenn der Geschäftsführer infolge der Umsetzung an ihn gerichteter Weisungen der Gesellschafterversammlung eine für die Gesellschaft negative Entwicklung befürchtet und sogar mit einem drohenden Zusammenbruch des Unternehmens rechnet; auch in solchen Fällen bleibt der Geschäftsführer seiner Aufgabe verpflichtet, mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns alles zu tun, was die Interessen der Gesellschaft erfordern, und zugleich die an sein Amt geknüpften öffentlich-rechtlichen Pflichten zu erfüllen.

OLG Celle v. 4. 2. 2004 9 U 203/03

Grenzen des Weisungsrechts der Gesellschaft gegenüber GmbH–Geschäftsführer

1. Zum Weisungsrecht der Gesellschafter einer GmbH gegenüber dem Geschäftsführer: Auch der Gesellschaft offensichtlich wirtschaftlich nachteilige Weisungen sind gesellschaftsvertraglich und gesellschaftsrechtlich unbedenklich.

2. Die Grenze des Weisungsrechts liegt in derartigen Fällen dort, wo greifbar naheliegend die Gefahr eines Konkurses droht.

3. Die einer geschäftspolitischen Weisung zugrundeliegende Absicht, aus steuerlichen Gründen Gewinne ins Ausland zu verlagern, steht unter der gegebenen steuerrechtlichen Lage einer Bindungskraft der Weisung nicht entgegen.

Die Alleingesellschafterin war auch sachlich zur fristlosen Kündigung berechtigt. Die fristlose Kündigung aus wichtigem Grunde ist eröffnet, wenn der Kündigende unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile nicht zugemutet werden kann, das Dienstverhältnis bis zum “ordentlichen” Ablauf – hier: nach weiteren 18 Monaten, § 2 I des “Geschäftsführervertrags” – fortzusetzen (§ 626 Absatz I BGB). Einen wichtigen Grund in diesem Sinne erachtet der Senat für gegeben, weil der Kl. sich mit aller Bestimmtheit und erklärtermaßen endgültig weigerte, die “Unterschriftsweisung” und damit den seinerseits mit aller Bestimmtheit und endgültig hervorgehobenen geschäftlichen Gestaltungswillen der Alleingesellschafterin zu erfüllen. Die Weisung war von befugter Seite erteilt worden. Das Weisungsrecht kann als unmittelbar mitgliedschaftliches Recht der Gesellschafterin zwar nicht auf dritte Personen übertragen werden (Scholz/Schneider, § 37 Rdnr. 33). Da die Alleingesellschafterin juristische Person und der für sie handelnde Prokurist E in dieser seiner Rechtsstellung zu allen im Betrieb der Alleingesellschafterin anfallenden Rechtshandlungen ermächtigt war (§ 49 Absatz I HGB), durfte er auch deren geschäftspolitische Vorstellungen durch Weisung an den Geschäftsführer “ihrer” GmbH durchsetzen. Die Weisung war auch materiell bindend. Den Gesellschaftern der GmbH – so der Alleingesellschafterin – steht ein im Grundsatz umfassendes Weisungsrecht gegenüber dem Geschäftsführer zu. Dies klingt in der Formulierung der §§  37, 45 GmbHG an; es ergibt sich sachlich aus der allumfassenden Regelungszuständigkeit der Gesellschafter in allen Angelegenheiten der Gesellschaft. Sie sind das zentrale Willensbildungsorgan der GmbH und in dieser gesellschafts–verfassungsrechtlich dominierenden Stellung dem Geschäftsführer übergeordnet. Ganz dementsprechend haben es die C–GmbH und der Kl. auch im “Geschäftsführervertrag” vom 6. 10. 1992 – § 1 Nr. 3 – festgehalten: “Der Geschäftsführer … hat … die Weisungen der Gesellschafterversammlung hinsichtlich der Geschäftsführung stets zu befolgen …“.

Die Freiheit der Willensbildung der Gesellschafter und damit die Bindungswirkung der durch sie erteilten Weisungen findet (erst) dort ihre Grenze, wo zwingende rechtliche Hindernisse aufgerichtet sind. Solche Hindernisse können – gleichsam gesellschaftsintern – in spezifisch gesellschaftsrechtlichen Anforderungen liegen, so in (entgegenstehenden) Vorgaben der Satzung, in den gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten der Gesellschafter untereinander – Minderheitenschutz  – und in zwingenden Normen des Gesellschaftsrechts.

Das wirtschaftliche Wohl der GmbH als solches steht nicht unter dem Schutz der Rechtsordnung; das Gesellschaftsinteresse kann keine Grenzen des Weisungsrechts markieren. Zwar ist die Gesellschaft juristische Person; sie führt in ihrer Willensbildung aber kein vom Willen der Gesellschafter unabhängiges Eigenleben. Wie es den Gesellschaftern freisteht, riskante, wirtschaftlich wenig aussichtsreiche Geschäftsentschlüsse zu fassen und umzusetzen, wie es ihnen sogar freisteht, den Geschäftsbetrieb einzustellen und die Gesellschaft aufzulösen, steht es ihnen – erst recht – frei, die Leistungen der Gesellschaft “billiger” zu verkaufen und freiwillig auf langfristig vorteilhafte Vertragsbindungen zu verzichten. Auch der Gesellschaft offensichtlich wirtschaftlich nachteilige Weisungen sind deshalb gesellschaftsvertraglich und gesellschaftsrechtlich unbedenklich; der Geschäftsführer ist verpflichtet, sie umzusetzen (ähnlich: Konzen, NJW 1989, NJW Jahr 1989 Seite 2979 (NJW Jahr 1989 Seite 2981); strenger: Scholz/Schneider, § 37 Rdnr. 52). Derartige Weisungen können nur dadurch – und das leitet über zu den Grenzen der Bindungswirkung von Weisungen, die aus den Anforderungen der allgemeinen Gesetze folgen – kritische Grenzen überschreiten, daß rechtlich geschützte Drittinteressen durch sie berührt würden. Diese Grenzen liegen – § BGB § 138 BGB § 138 Absatz I BGB – dort, wo die Erfüllung von Weisungen gleichbedeutend damit wäre, die GmbH sehenden Auges in den Konkurs zu führen und damit zwangsläufig Gläubiger zu schädigen.

Daß aber der vom Kl. geführten Gesellschaft mit geradezu greifbarer Wahrscheinlichkeit der Konkurs gedroht hätte, hätte er die von der Alleingesellschafterin gewünschte Begrenzung der monatlichen Vergütungspauschale und die Aufhebung der langfristigen Vertragsbindung akzeptiert, war seinerzeit nicht anzunehmen, denn das, was auf der unmittelbaren Einnahmeseite verloren werden sollte – monatlich 20000 DM, jährlich 240000 DM – war auf der anderen Seite sichernd gedeckt durch die vertragliche Zusicherung der Alleingesellschafterin vom 25. 2. 1993, für die ersten drei Geschäftsjahre und damit auf weitere 18 Monate entstehende Verluste bis zur Höhe von 250000 DM jährlich auszugleichen. Da die Gesellschaft noch mit Gewinn arbeitete – hieraus folgt, daß die “Nachschußverpflichtung” nicht durch die mit der Nachtragsvereinbarung vom 25. 2. 1993 verbundene frühere Senkung der Monatspauschale aufgebraucht oder auch nur geschmälert worden war – ließ die gegebene Sicherheit auch aus pessimistischer Sicht vorausschauend jedenfalls genügend Raum, die Verkleinerung der Umsatzbasis durch eine Reduzierung des Personalbestandes oder notfalls durch eine geordnete Abwicklung des Geschäftsbetriebes ohne Konkurs auszugleichen. Unabhängig hiervon zeigt die weitere Entwicklung – wie sie der mit allen geschäftlichen Vorgängen vertraute Geschäftsführer auch in Rechnung stellen konnte –, daß die Geschäftslage eine Reduzierung des Personalbestandes und damit eine Eingrenzung der laufenden Geschäftsaufwendungen zuließ; nach Kündigung der Arbeitsverhältnisse zweier Mitarbeiter – und natürlich: dem Wegfall der Arbeitskraft des Kl. selbst – gelang es der Gesellschaft weiterhin, die anfallenden Aufträge zu erledigen und in begrenztem Rahmen nach wie vor Gewinne zu machen. Daß hierbei möglicherweise – so der Kl. mit dem Hinweis darauf, daß Rücklagen angegriffen werden mußten – die Kapitalbasis der Gesellschaft insgesamt geschwächt wurde, läßt nicht offenbar werden, daß gleichsam eine “galoppierende Konkursgefahr“ eingetreten wäre – Konkurs hat die Gesellschaft auch in der Folgezeit nicht gemacht.

Ein eigenes, vom Gesellschafterwillen unabhängiges “Recht auf langes Leben“ hatte die Gesellschaft weder unter diesem Aspekt der Erhaltung ihrer Kapitalbasis noch unter dem weiter in dem umstrittenen Nachtragsentwurf angesprochenen Aspekt einer Aufhebung der bisher festen Vertragslaufzeit. Gerade weil die GmbH juristische Person war und eigenständig am Geschäftsleben teilnahm, hatte sie sich auch den üblichen Wettbewerbs– und Geschäftsrisiken zu stellen, denen sich jedes Unternehmen stellen muß.

Die erteilte Weisung war auch nicht deshalb rechtswidrig, weil sie den Geschäftsführer in ihren Konsequenzen zwingen mußte, ihm “anvertraute” Arbeitnehmer zu entlassen. In moralischer Hinsicht gerechtfertigte Wünsche des Geschäftsführers, seiner Verantwortung für die ihm “anvertrauten” Arbeitnehmer gerecht zu werden, mußten sich wie auch alle sonstigen geschäftspolitischen Entschlüsse dem beherrschenden Willen der Alleingesellschafterin unterordnen. Ebensowenig begründete der von der Bekl. selbst andeutungsweise eingeführte wirtschaftliche Hintergrund der umstrittenen Weisung, der Wunsch, im Inland oder aus der Tätigkeit der C nur noch möglichst geringe zu versteuernde Gewinne zu machen, eine Unverbindlichkeit der Weisung. Es ist nicht Aufgabe des angestellten Geschäftsführers, Fiskalinteressen durchzusetzen.

Die Weisung war rechtmäßig, und der Kl. mußte sie befolgen. Ihre beharrliche Nichtbefolgung führte zur Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Anstellungsverhältnisses. In der Rolle des Geschäftsführers war er aus der rechtlich – wie ausgeführt – zulässigen Sicht der Alleingesellschafterin nicht mehr tragbar, weil die Weigerung, den vorgelegten Entwurf zu unterzeichnen, den in der Willensbildungshierarchie der GmbH höher stehenden Willen der Alleingesellschafterin in der Umsetzung “blockierte”. Der in kurzer Zeit zu einem nicht mehr überwindbaren Gegensatz eskalierte Streit um die “richtige” Geschäftspolitik ließ auch die Fortsetzung des Anstellungsverhältnisses in einer gleichsam um die Geschäftsführerstellung reduzierten Form für die Gesellschaft nicht mehr zumutbar erscheinen. Wenn auch aus anerkennenswerten Motiven, hatte der Kl. sich doch eine eigenständig bestimmende Macht über die Geschäftspolitik der Gesellschaft angemaßt, die Gesellschafterin mußte befürchten, daß er die auf Gefühlsebene fast zwingend zu gewärtigenden Folgen einer “Degradierung” nicht ohne Folgen verarbeiten werde; sie mußte befürchten, daß nach der Abberufung aus der Geschäftsführerstellung auch aus seiner Sicht – gerade im Hinblick auf die “enttäuschte” langjährige Konzernzugehörigkeit – eine vertrauensvolle Zusammenarbeit in verantwortlicher Position nicht mehr möglich war. Auch eine um die Geschäftsführerrechte entlastete Fortsetzung des Anstellungsverhältnisses hätte nach der Höhe des Gehalts und im Blick auf die ihm des weiteren eingeräumten Pflichten und Ansprüche nur eine verantwortliche sein können.

Unabhängig hiervon hat der Kl. zu der Zeit, als eine zumindest dem äußeren Schein nach “bruchlose” Weiterbeschäftigung denkbar gewesen wäre, im Sommer 1994, auch nicht andeutungsweise den Wunsch und die Bereitschaft gezeigt, doch als “gewöhnlicher” Angestellter weiter für die Gesellschaft tätig zu sein.
OLG Frankfurt a.M. ( Senat Darmstadt ), Urteil vom 07.02.199724 U 88/95

Fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages und Zwangseinziehung des Geschäftsanteils bei Vertrauensbruch

Zur fristlosen Kündigung des Anstellungsvertrages eines Gesellschafter–Geschäftsführers und zur Zwangseinziehung seines Geschäftsanteils, wenn der wichtige Grund im wesentlichen auf einen für nichtig erklärten Beschluß der Gesellschafterversammlung gestützt wird und die verbleibenden Vorwürfe gegenüber dem Fehlverhalten der die Kündigung und die Zwangseinziehung betreibenden Gesellschafter nur untergeordnete Bedeutung haben.

Wie der Senat wiederholt ausgesprochen hat, kann ein Gesellschafter zwangsweise im Wege der Einziehung nach § GMBHG § 34 GmbHG aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, wenn in seiner Person ein diese Maßnahme rechtfertigender wichtiger Grund vorliegt (BGHZ 65, BGHZ Band 65 Seite 22, BGHZ Band 65 Seite 28; Senatsurt. v. 19. 9. 1977, BGH 19.09.1977 Aktenzeichen II ZR 11/76, NJW 1977, NJW Jahr 1977 Seite 2316; v. 20. 6. 1983, BGH 20.06.1983 Aktenzeichen II ZR 237/82, WM 1983, WM Jahr 1983 Seite 956; Henze, Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Recht der GmbH, 1993, 262). Dabei bedarf die Einziehung einer umfassenden Prüfung aller Umstände des Einzelfalls und einer Gesamtabwägung der beteiligten Interessen sowie des Verhaltens der übrigen Gesellschafter. Eine Zwangseinziehung scheidet danach vor allem dann aus, wenn in der Person des die Einziehung betreibenden Gesellschafters Umstände vorliegen, die seine Ausschließung oder die Auflösung der Gesellschaft rechtfertigen oder auch nur zu einer anderen Beurteilung derjenigen Gründe führen können, die der von der Ausschließung bedrohte Gesellschafter gesetzt hat (BGHZ 16, BGHZ Band 16 Seite 317, BGHZ Band 16 Seite 322f.; BGHZ 32, BGHZ Band 32 Seite 17, BGHZ Band 32 Seite 31). Verfehlungen eines Gesellschafters, der den Ausschluß mitbetreibt, können das Fehlverhalten des auszuschließenden Gesellschafters in einem derart milden Licht erscheinen lassen, daß es als Ausschließungsgrund ausscheidet

Jedenfalls scheidet die Einziehung deswegen aus, weil das Fehlverhalten der Mitgesellschafter Sch und St, die die für nichtig erklärten Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 10. 7. 1991 gefaßt haben, erheblich schwerer wiegt als der den K treffende Vorwurf. Bei der Verwirklichung ihres Entschlusses, den Geschäftsgegenstand der B zum Nachteil des K auf das Immobilienwesen zu erstrecken, setzten sich diese Gesellschafter bedenkenlos über rechtliche Schranken und den Widerspruch des K hinweg. Dabei nahmen sie in Kauf, daß B ohne satzungsmäßige Grundlage Immobiliengeschäfte vornimmt. Zudem wollten die Gesellschafter Sch und St nicht nur künftige unternehmerische Aktivitäten des K im Immobilienhandel unterbinden, sondern darüber hinaus, wie der Gesellschafterbeschluß vom 10. 7. 1991, Grundstücksverträge seien zugunsten der B zu bewerten, belegt, auch seine laufende Geschäftstätigkeit rückwirkend zu ihrem eigenen Nutzen der B einverleiben. Es bedarf keiner näheren Erläuterung, daß sich die auf die zwangsweise Übernahme eines außerhalb der Gesellschaft von einem Gesellschafter betriebenen Unternehmens hinauslaufende Anmaßung fremder Geschäftsfelder als besonders schwere Pflichtverletzung darstellt. Im Vergleich dazu kann das Fehlverhalten des K nicht in die Einziehung seines Geschäftsanteils münden.

BGH, Urteil vom 13.02.1995 – II ZR 225/93

Außerordentliche Kündigung des GmbH-Geschäftsführers wegen fehlender interner Kozernkontrolle

Der Kl. begehrt Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung seines Geschäftsführeranstellungsvertrags, Übertragung seines Resturlaubsanspruchs aus 2004 in das Jahr 2005 und hilfsweise Urlaubsabgeltung durch Zahlung. Das LG hat die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kl. mit der Berufung, mit der er nur noch die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung weiterverfolgt. Der heute 60-jährige Kl. ist im Jahre 1994 zum befristeten Geschäftsführer der Bekl. bestellt worden, die ihm gegenüber am 29. 11. 2004 die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung erklärte. Sie stützt diese auf zahlreiche, auch nachgeschobene Vorwürfe. Neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Bekl. war der Kl. auch Geschäftsführer beider Tochtergesellschaften, Firma S Gesellschaft Klinikum BS mbH und Firma Seniorenpflege BS-GmbH. An Ersterer war sie neben einer Firma D mit 50,8% beteiligt, an Letzterer neben anderen Gesellschaftern (einer Firma F und einer Firma B) mit 51,17%. Bei der Servicegesellschaft fungierte neben dem Kl. F bis 17. 4. 2004 als weiterer Geschäftsführer und danach bis 7. 10. 2004 als Prokurist.

Der Kläger hat seine Pflichten als Geschäftsführer in einer Weise verletzt, die eine außerordentliche Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB rechtfertigte. Denn er hat kein Kontrollsystem zur Unterbindung von Scheinrechnungen eingerichtet. Hierbei kann dahinstehen, ob die Scheinrechnungen aus sich heraus als solche erkennbar waren. Denn darauf kommt es nicht an. Maßgeblich ist, dass er kein Kontrollsystem installiert hat, das es ermöglichte, das Fehlen der in Rechnung gestellten Lieferungen und Leistungen unabhängig von den Formalien der ausgestellten Rechnungen aufzudecken.

Des Weiteren besteht bei mehreren Geschäftsführern eine wechselseitige Überwachungspflicht (Goette, Die GmbH nach der BGH-Rspr., 1997, § 8 Rdnrn. 41 m.w. Nachw., 48, 118 m.w. Nachw.).

Dies gilt jedenfalls bei grundlegenden Pflichten, wie der Buchführungspflicht. Diese gehört zum Aufgabenkreis der Geschäftsführer, die alle hierfür verantwortlich sind, auch im Falle einer Aufgabenteilung (Sudhoff, Rechte und Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH und einer GmbH & Co., 14. Aufl. [1994], S. 73f. m.w. Nachw.; Langseder, in: Beck’sches Hdb. d. GmbH, § 9 Rdnrn. 1ff.). Einen beauftragten Buchhalter müssen sie fortlaufend überwachen (Sudhoff, S. 73f.). Die Buchführung muss ordnungsgemäß sein (Sudhoff, S. 73f.). Dies beurteilt sich nach §§ 238ff. HGB (Sudhoff, S. 73f.). Dementsprechend muss der Warenein- und -ausgang aufgezeichnet werden, damit der Warenbestand nach § 266 HGB in der Bilanz erfasst werden kann. Er muss anhand von Belegen nachvollzogen und geprüft werden können (Langseder, in: Beck’sches Hdb. d. GmbH, § 9 Rdnr. 7). Die Buchungsbelege müssen zehn Jahre lang aufbewahrt werden (Langseder, in: Beck’sches Hdb. d. GmbH, § 9 Rdnr. 15). Soweit Dienstleistungen bezogen und bezahlt werden, sind diese als „Verbindlichkeiten aus Leistungen” zu verbuchen (§ 266 HGB). Auch sie müssen anhand von Belegen nachvollzogen und geprüft werden können.

Gegen diese Pflichten ist bei der Servicegesellschaft verstoßen worden, deren Geschäftsführer der Kläger und F waren. Denn es sind Scheinrechnungen bezahlt worden, ohne die Verpflichtung hierzu anhand von Belegen zu überprüfen.

OLG Jena, Urteil vom 12. 8. 2009 – 7 U 244/07

Fristlose Kündigung eines Geschäftsführers aufgrund Annahme von Schmiergeldern zulässig

Ein leitender Angestellter, der zuvor Geschäftsführer der als GmbH betriebenen persönlich haftenden Gesellschafterin seines Arbeitgebers gewesen ist und sich in dieser Eigenschaft für die Vermittlung eines Großeinkaufs von dem Lieferanten finanzielle Sonderzuwendungen hat versprechen lassen, kann nach Entdeckung des Vorrangs mit der Begründung fristlos entlassen werden, er habe dadurch das Vertrauen des Arbeitgebers in seine Zuverlässigkeit und Redlichkeit zerstört. Dabei ist grundsätzlich bedeutungslos, ob der Arbeitgeber durch die Handlungsweise seines späteren Angestellten geschädigt worden ist oder ob eine Gefahr der Wiederholung des früheren Verhaltens besteht.

BAG, Urteil vom 17. 8. 19722 AZR 415/71