Antrag auf Altersteilzeit muss mit einfachem «Ja» angenommen werden können

Beantragt der Arbeitnehmer, das Arbeitsverhältnis als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortzuführen, handelt es sich um ein Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrags. Ein solches Angebot muss regelmäßig so konkret sein, dass es der Arbeitgeber mit einem einfachen „Ja“ annehmen kann. Ob das Angebot des Arbeitnehmers diesen Anforderungen genügt, ist unter Berücksichtigung der Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB zu beurteilen.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten, das seit 1993 bestehende Arbeitsverhältnis in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis umzuwandeln. Die am 19.09.1952 geborene Klägerin beantragte nach dem anwendbaren Tarifvertrag mit Schreiben vom 27.11.2008 Altersteilzeit. In dem Schreiben heißt es u.a.:

„Hiermit beantrage ich die Durchführung einer Altersteilzeit ab spätestens Dezember 2009.“

Die Beklagte lehnte den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags mit der Klägerin ab. Daraufhin beantragte die Klägerin zuletzt beim ArbG,

„die Beklagte zu verurteilen, ihr Angebot vom 27.11.2008 zum Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung im Blockmodell vom 01.10.2009 bis zum 30.09.2015 anzunehmen.“

Das ArbG hat der Klage stattgegeben, das LAG die Klage abgewiesen.

Die Revision der Klägerin blieb beim BAG ohne Erfolg.

Die Klägerin habe der Beklagten kein Angebot unterbreitet, das den Erfordernissen des § 145 BGB entspreche. Nur ein konkretes Vertragsangebot lasse eine gerichtliche Überprüfung zu, ob der Arbeitgeber das Angebot zum Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags zu Recht abgelehnt habe oder zur Annahme zu verurteilen sei, so dass mit der Rechtskraft des Urteils gem. § 894 ZPO das Vertragsangebot des Arbeitnehmers als angenommen und somit der beanspruchte Altersteilzeitarbeitsvertrag als geschlossen gilt.

Ein solches Angebot müsse regelmäßig so konkret sein, dass es mit einem einfachen „Ja“ angenommen werden könne. Es dürfe kein Zweifel daran bestehen, welchen Inhalt der Vertrag habe, falls der Arbeitgeber mit einem schlichten „Ja“ das Vertragsangebot annehme. Ob das Vertragsangebot des Arbeitnehmers diesen Anforderungen genüge, sei unter Berücksichtigung der Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB zu beurteilen. Abzustellen sei darauf, was bei objektiver Betrachtung der Empfänger der Erklärung entnehmen durfte.

Das Schreiben der Klägerin vom 27.11.2008 enthalte hiernach kein annahmefähiges Angebot. Der Antrag „die Durchführung einer Altersteilzeit ab spätestens Dezember 2009“ lasse offen, für welchen konkreten Zeitpunkt die Klägerin Altersteilzeit begehre. Es lasse sich dem Schreiben weder entnehmen, ab welchem konkreten Datum die geänderten Vertragsbedingungen gelten sollen, noch zu welchem Zeitpunkt das Altersteilzeitarbeitsverhältnis enden solle. Es bleibe ebenfalls offen, ob die Klägerin Altersteilzeit im Teilzeit- oder im Blockmodell begehre. Das LAG habe keine Tatsachen festgestellt, die es der Beklagten zum Zeitpunkt des Zugangs des Schreibens erlaubt hätten, den Erklärungsgehalt des Schreibens näher zu bestimmen.

Rechtstipp:

In der Praxis ist es nicht selten, dass ein Arbeitnehmer abstrakt Altersteilzeit beantragt, um mit dem Arbeitgeber einvernehmlich die Konditionen festzulegen. Wenn eine einvernehmliche Lösung scheitert, muss der Arbeitnehmer seinen Antrag präzisieren. Für eine gerichtliche Auseinandersetzung muss der Antrag auf Altersteilzeit alle relevanten Angaben enthalten, also insbesondere den Zeitpunkt, zu dem die Altersteilzeit beginnen und enden soll, sowie die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit während der Altersteilzeit.

BAG, Urteil vom 14.05.2013 – 9 AZR 664/11

(Quelle: beck-fachdienst Arbeitsrecht – FD-ArbR 2013, 348959)

Kein Anspruch auf Urlaubsabgeltung bei Eintritt in die Freistellungsphase der Altersteilzeit im Blockmodell

Nach § 7 IV BUrlG besteht ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung bei rechtlicher Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Eintritt in die Freistellungsphase der Altersteilzeit im Blockmodell führt nicht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, so dass kein gesetzlicher Anspruch auf Urlaubabgeltung entsteht. Bei Eintritt in die Freistellungsphase besteht daher nur in den tarifvertraglich ausdrücklich geregelten Fällen ein Abgeltungsanspruch.

Die Parteien streiten über die Abgeltung von neun Urlaubstagen aus 2007. Der Kläger war seit 1975 bei der Beklagten beschäftigt. Für die Zeit vom 01.05.2005 bis 30.04.2010 begründeten die Parteien ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell mit einer Arbeitsphase bis 31.10.2007. Die Beklagte gewährte dem Kläger im Jahr 2007 21 Tage Urlaub. Ab August 2007 war der Kläger über den 31.10.2007 hinaus arbeitsunfähig krank. § 7 Ziff. 3 des anwendbaren Tarifvertrags über Altersteilzeit in der Eisen- und Stahlindustrie (TV ATZ) lautet wie folgt:

„Während der Arbeitsphase erworbener Urlaub ist grundsätzlich während der Arbeitsphase zu nehmen, es sei denn, dass er erfolglos geltend gemacht wurde oder aus betrieblichen Gründen nicht genommen werden konnte. In diesem Fall ist der Resturlaub im ersten Monat der Freistellungsphase abzugelten. Urlaubsansprüche in der Freistellungsphase gelten mit der Freistellung als erfüllt.“

Mit Hinweis auf die Schultz-Hoff-Entscheidung des EuGH (NZA 2009, 135) machte der Kläger einen Abgeltungsanspruch für neun Urlaubstage geltend. ArbG und LAG gaben der Klage mit der Begründung statt, dass der Kläger aufgrund Arbeitsunfähigkeit die neun Urlaubstage nicht nehmen konnte und diese bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30.04.2010 noch bestanden.

Die Revision hatte Erfolg. Das BAG wies die Klage ab. Es komme nicht darauf an, ob der Kläger im Jahr 2007 aufgrund Arbeitsunfähigkeit nicht in der Lage gewesen war, seinen Urlaub zu nehmen. Ein gesetzlicher Urlaubsabgeltungsanspruch bestehe nach § 7 IV BUrlG nur dann, wenn bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch Urlaubsansprüche offen seien. Der Eintritt in die Freistellungsphase der Altersteilzeit zum 31.10.2007 sei keine Beendigung des Arbeitsverhältnisses i.S.d. § 7 IV BurlG. Das Arbeitsverhältnis habe erst zum 30.04.2010 geendet. Die Urlaubsansprüche des Klägers seien spätestens am 31.03.2009 untergegangen. § 13 Ziff. 9 S. 2 des anwendbaren Manteltarifvertrags sehe vor, dass der Urlaubsanspruch auch bei Arbeitsunfähigkeit spätestens 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres erlösche. Der EuGH habe mittlerweile seine Rechtsprechung dahingehend klargestellt, dass Urlaubsansprüche bei einem Übertragungszeitraum von 15 Monaten auch dann verfallen dürfen, wenn der Arbeitnehmer nicht in der Lage war, seinen Urlaub zu nehmen.

Ein Abgeltungsanspruch ergebe sich auch nicht aus § 7 TV ATZ. Der TV ATZ sehe einen Abgeltungsanspruch bei Eintritt in die Freistellungsphase nur für den Fall vor, dass der Arbeitnehmer den Urlaub erfolglos geltend gemacht habe oder ihn aus betrieblichen Gründen nicht nehmen konnte. Die Regelung sei nicht analog auf den Fall anwendbar, dass ein Arbeitnehmer wegen Arbeitsunfähigkeit den Urlaub nicht nehmen könne. Es liege insofern eine bewusste Regelungslücke vor, die eine tarifersetzende Lückenfüllung ausschließe. Es sei davon auszugehen, dass die Aufzählung in § 7 TV ATZ abschließend sein soll.

Dem Arbeitgeber ist in diesem Verfahren der Zeitablauf zu Hilfe gekommen. Erst durch die Schulte-Entscheidung des EuGH stand fest, dass ein tarifvertraglicher Übertragungszeitraum von 15 Monaten europarechtskonform ist. Die Vorinstanzen waren vorher noch davon ausgegangen, dass die Verfallregelung europarechtswidrig ist. Das BAG konnte nun jedoch seine Rechtsprechung fortsetzen, wonach bei Eintritt in die Freistellungsphase noch offene Urlaubsansprüche nicht abzugelten sind, wenn sie vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses verfallen sind (vgl. NZA 2005, 994). Und typischerweise sind die Urlaubsansprüche bei Altersteilzeitvereinbarungen sogar unabhängig von tariflichen Regelungen verfallen, da sich nach dem BAG der gesetzliche Übertragungszeitraum bei Arbeitsunfähigkeit nur auf 15 Monate verlängert.

Arbeitnehmern ist daher zu raten, alle Urlaubstage noch während der Arbeitsphase der Altersteilzeit zu nehmen.

BAG, Urteil vom 16.10.2012 – 9 AZR 234/11

(Quelle: Beck online)